Griechischer Nachmittag

Im Hafen von Meis

Im Hafen von Meis

Kaş, Türkei und Meis, Griechenland, März 2012

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Was tun wenn das Visum abläuft und einem das Land so gut gefällt? Man bettelt bei einem Ausländeramt um eine Verlängerung oder verlässt das Land um kurz darauf mit einem feuchten Stempel wiederzukommen. Da wir das Ausländeramt stempellos aber mit Verweis auf die griechische Insel Meis verlassen haben, wollten wir es versuchen. Nie hätte ich geahnt, wie scheinbar kompliziert und im Nachhinein einfach diese Reise werden würde.

Meis ist eine kleine griechische Insel, etwa drei Kilometer vom türkischen Festland entfernt. Die Griechen nennen sie Megisti oder Kastillorizo. Knapp 400 Einwohner leben in dem idyllischen Dorf auf der hügeligen Insel. Ein Mal pro Woche (Freitag) verkehrt im Winter die Fähre ins türkische Kaş. Im Sommer werden auch Fahrten nach Rhodos angeboten.

Türkei Visum verlängern

Roberto zwischen zwei Kontinenten

Roberto zwischen zwei Kontinenten

Seit dem ersten Februar 2012 gilt für die meisten Europäer ein neues Gesetz, nach dem Touristen sich innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen maximal 90 Tage lang in der Türkei aufhalten können. Wir tricksen dieses Gesetz aus, indem wir vor dem ersten Februar einreisen und erst als das Visum fast abgelaufen ist, wieder aus-und einreisen. Das Gesetz gilt nämlich erst ab der ersten Einreise nach dem ersten Februar und unsere 180 Tage zählen ebenfalls erst ab diesem Tag.

Wir haben uns an diversen Stellen informiert – der Passbehörde in Fethiye, dem türkischen Freund und Berater aller Einwanderer der sich mit Visumsfragen auskennt, dem mexikanischen Konsulat und bei vielen ausländischen Freunden und Bekannten, die sich nun ebenfalls neu organisieren müssen. Die Antworten könnten verschiedener nicht sein. „Das ist gar kein Problem“ haben wir nur einmal gehört. Diese optimistische Einstellung gab es auch erst nach einer viertelstündigen Recherche und einigen Telefonaten, denn mit einem Mexikaner hatte man es in der Passbehörde noch nie zu tun. Häufiger kam „Eine zweite Einreise ist (für Annika / für Roberto / für beide) nicht mehr möglich.“ Kurios aber genau so wurde es uns mitgeteilt: „Mexiko ist ein Land der Klasse B, daher ist eine zweite Einreise nicht möglich, für Deutsche aber schon.“ Und „Generell ist es zwar schon möglich das Visum zu verlängern, aber im griechischen Meis arbeitet momentan kein Beamter, der Stempel verteilt. Besuchen kann man die Insel zwar, aber das Visum zu erneuern ist nicht möglich. Vielleicht kommt aber im Sommer wieder ein Beamter“.

Die vielen pessimistischen Äußerungen haben uns herausgefordert, allen das Gegenteil zu beweisen und so kontaktierten wir den einzigen Fährveranstalter, der Meis im Winter anfährt: Meis Express.

Der Manager Fethi Kemal Öztürk ruft uns schnell von seinem privaten Handy aus zurück. Ja, es gäbe noch Platz in der Fähre am Freitag. Die Kosten liegen allerdings nicht bei 20 € wie im Internet angegeben, sondern mit 100 Lira mehr als doppelt so hoch. Wir erschrecken, als wir den hohen Preis hören. „Ja, eigentlich kostet es nur 60 Lira, aber wenn nicht mindestens 50 Personen mitfahren, müssen wir 100 einnehmen um Gewinn zu machen.“, erklärt er uns.

Da unsere Arbeitskraft in Adrenalin Village gebraucht wird, entscheiden wir uns gegen eine Radtour und steigen am Vorabend des Fährtages in den Bus nach Kaş. Über zwei Stunden dauert die 107 Kilometer lange Busfahrt die bergige Küste entlang. Angekommen unterhalten wir uns mit dem Busfahrer, der uns die kleine und günstige Pension eines Freundes empfiehlt.

Blick auf Meis und das türkische Festland

Blick auf Meis und das türkische Festland

Während wir auf seinen Freund warten, blickt unser Busfahrer auf und winkt jemandem zu, der im Schlafanzug auf dem Balkon steht und eine Zigarette raucht. Der Mann winkt zurück. „Das ist der Manager von Meis Express“, erklärt unser neuer Freund. Wir tauschen ungläubige Blicke aus und starren zurück zu dem beleibten und unrasierten Mann im kuscheligen Pyjama. Roberto ruft auf Englisch zu ihm rauf: „Hallo, ich bin Roberto!“ – „Aus Fethiye?“ – „Ja!“ – „Habt ihr eure Pässe dabei? Die könnt ihr hier bei mir lassen.” Warum sollten wir denn bitte unsere Reisepässe in der Wohnung von diesem fremden Mann lassen? Fethi ruft noch etwas dass wir nicht verstehen, verschwindet vom Balkon und taucht kurz darauf in Gummilatschen im Hauseingang wieder auf. Wir können unsere Pässe jetzt bei ihm lassen und uns am folgenden Tag um 9.50 Uhr treffen, oder wir bringen sie ihm am nächsten Morgen bereits um 8.30 Uhr in sein Büro. Wir geben dem fremden Mann schweren Herzens unsere Pässe. Unser Schlaf ist uns lieb und teuer.

Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg durch die schöne kleine Innenstadt zum Hafen. Wir haben Kaş völlig unterschätzt und freuen uns schon, das Zentrum, durch das wir jetzt eilen, am Nachmittag in Ruhe kennenzulernen. Wir sind froh, Fethi wiederzutreffen – diesmal in Straßenkleidung und mit festen Schuhen – und zahlen für die Überfahrt. Nun hat er unsere Pässe und unser Geld. Wir hingegen haben nicht einmal ein Ticket bekommen. Ich werde etwas nervös. Nach einer Weile werden wir namentlich aufgerufen und dürfen einzeln die Fähre betreten. 25 Touristen sind wir heute. Fethi winkt uns zum Abschied. Wir können nur hoffen, dass wir ihn und unsere Pässe am Nachmittag wiedersehen.

Meis ist wunderschön. Wir wandern die Hügel hinauf und genießen den Ausblick auf die Bucht und das kleine Dörfchen, schlendern zurück durchs Dorf und gönnen uns ein vergleichsweise günstiges Bier (1 €). Das Wasser ist klar, die Sonne scheint kräftig und griechische Musik schallt aus den blau-weiß gestrichenen Tavernen am Ufer. Überall laufen wilde Katzen herum und der Geruch von Meerwasser und gebratenem Fisch liegt in der Luft.

Coming back to Turkey

Coming back to Turkey

Am Nachmittag geht es zurück ans Festland. Zu unserer Erleichterung bekommen wir nach einer halben Stunde Warten unsere Pässe zurück. Roberto hat einen neuen Aufkleber und ich einen neuen Aus- und Einreisestempel. Einen Beamten haben wir nie gesehen. Wir verbringen den Nachmittag in Kaş, essen einen İskender Döner und spielen Domino und Okey. Als wir uns auf den Weg zum Busbahnhof machen wollen, hupt ein Auto neben uns. Es ist Fethi und er bietet uns an, bei ihm mitzufahren. Er wohnt ja direkt neben dem Busbahnhof. Wir unterhalten uns.

Fethi und Annika - endlich haben wir unsere Pässe wieder.

Fethi und Annika – endlich haben wir unsere Pässe wieder.

Fethi beklagt sich über das neue Gesetz. „Heute hatten wir vier Passagiere, die ,nur zum Spaß‘ nach Meis gefahren sind“, erklärt er uns, „alle anderen waren des Visums wegen dort. Ende April wird es noch einen Schwung Visumstouristen geben, dann war’s das.“ Normalerweise fährt Meis Express im Sommer jeden Tag die Strecke Kaş  – Meis – Kaş, doch dieses Jahr werden viele Passagiere wegfallen, ist Fethi sicher.

Wir können aus eigener Erfahrung sagen: Meis ist nicht nur wegen des Visums einen Besuch wert. Es ist eine ruhige Insel zum entspannen, wandern und schlemmen. Wenn ihr in der Nähe seid, dann schaut doch mal rüber. Vielleicht trefft ihr ja auf die gruselige Katze, die Roberto wegen ihres seltsamen Blicks „Evil Cat“ getauft hat. Wenn ihr sie findet – sagt uns Bescheid!

Meis Express
Tel: +90 53 23 31 9759
Manager: Fethi Kemal Öztürk

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  1. Siri says:

    Das hört sich ja abenteuerlich an, wie ihr euer Visum in der Türkei verlängert habt….. Wobei ehrlichgesagt hab ich die Gesetztesänderung nicht so ganz verstanden. Einmal 90 Tage in 180 Tagen? Also dann erst nach 180 Tagen wieder 90 Tage?
    Kleines Korrektürchen: Meis ist wunderschön. Wir wandern die Hügel hinauf und genießen EINEN DEN Ausblick auf die Bucht und das kleine Dörfchen.
    Bis auf das aber ein wirklich toller Artikel!

    • Tasting Travels Team says:

      Hallo Siri, danke für dein Feedback! Ist schon verbessert. Und ja, du hast das genau richtig verstanden. Innerhalb von 180 Tagen darf man sich nur 90 Tage Lang im Land aufhalten. Wenn die 180 Tage abgelaufen sind, darf man wieder neue 90 Tage lang ins Land. So ähnlich gilt es auch für viele Nicht-Europäer in der EU.
      Ich freue mich, dass der Artikel dir gefällt!

  2. michael says:

    Das Prozedere mit dem Pass war normal.

    Der Aufendhalt in dem 180 Tagen (90 Tage) kann aber auch gesplittet werden und soweit mir bekannt ist, kann man einmal um 90 Tage verlängern.

    http://www.alanya-tuerkei.de/visa.htm

    • Tasting Travels Team says:

      Hallo!
      Ja, mit dem Splittern war mir bekannt. Aber da wir insgesamt fast fünf Monate am Stück da waren, mussten wir auf jeden Fall verlängern. Ich habe auch gehört (allerdings vor dem 01.02) dass man in Städten das Visum verlängern kann. In Fethiye haben wir es versucht, da ginbg es aber nicht. Geht das denn Anderswo wirklich? Vielleicht in weniger touristischen Gegenden?
      Liebe Grüße,
      Annika

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