Mit dem Rad durch Kalifornien Teil 1: Von Riesenbäumen und Dreadlocks

Happy Cyclists in Mendocino County

Im Team durch Mendocino County.

Mit dem Rad durch Kalifornien Teil 1: Von Riesenbäumen und Dreadlocks

Land: USA

Von Crescent City bis San Francisco

Draus gelernt: In Garberville besser auf der Hauptstraße bleiben

Drüber gelacht: Mit Jeff und Jesse wird quasi nonstop gelacht

Schönstes kleines Wunder: Die Rotholzbaum Wälder

Größte Herausforderung: Hungrige Waschbären

Geradelte Tage: 9

Geradelte Kilometer: 684

Durchschnittliche Kilometer pro Tag: 76

Insgesamt bis San Francisco geradelte Kilometer: 24.849

Letzten Blog verpasst? Hier kommt er: Oregon Küste per Fahrrad

Blog in English: Cycling California Part 1

In Crescent City radeln wir getrennt weiter. Willow will ein paar Tage in den Redwoods verbringen, Jesse und Jeff wollen es ruhig angehen lassen und Roberto und ich wollen versuchen, es an einem Tag nach Bayside zu schaffen, denn dort wohnen Wendy und Michael von warmshowers.

Elk in California

Rothirsche in Kalifornien

Gleich am Ortsausgang sehen wir eine große Herde Rothirsche (Wapiti?). Aus Alaska und Kanada haben wir gelernt, während der Brunftzeit besser respektvollen Abstand zu halten, also radeln wir langsam vorbei. Die Hirsche beobachten uns genau, aber rühren sich nicht. Gras schmeckt eben besser als verschwitzte Radler.

Beautiful scenic road

Radeln in der Natur macht gleich doppelt Spaß

Der Tag startet mit einem langen und recht steilen Hügel. Es geht direkt durch die großen Redwoods. Der Nebel bedeckt die Straße und bringt noch mehr mystische Atmosphäre in die moosbedeckten Bäume und farnbewachsenen Felsen.

Redwood closeup

Lockiges Rotholz

Es ist feucht und kühl und die Fahrt ist absolut beeindruckend. Ich warte nur darauf dass zwischen den Stämmen ein Troll auftaucht. Denn wenn es irgendwo Trolle und Kobolde gäbe, dann sieht dies nach ihrem perfekten Lebensraum aus.

Big old redwood

Einer der Rotholz-Senioren

Eine Weile lang folgen wir der Küste, dann geht es erneut hinauf in den Wald. Im Anstieg liegt eine Baustelle und der Verkehr wird abwechselnd durchgelassen. Wir geben Gas, denn wir wollen nicht dass die Autofahrer auf der anderen Seite alle auf uns warten müssen.

Little beach stop with Willow

Strandpäuschen mit Willow

Der Arbeiter, der das Stoppschild hält, ruft uns „fast geschafft, nur noch eine Meile!“ zu. Wir strahlen und bedanken uns.

cycling the redwood roads

Es duftet nach Wald

Und nun stimmen die ganzen Autofahrer mit heruntergelassenen Scheiben mit ein. „Gut gemacht!”, rufen sie und „weiter so“ und „ihr habt’s fast geschafft!“ So toll wurden wir noch nie angefeuert. Wir haben einen richtigen Motivationsschub und sausen das letzte Stück Steigung nur so hinauf.

Tidy redwood forest

Es sieht irgendwie aufgeräumt aus hier im Wald

Hier verläuft eine zehn Meilen lange Straße parallel zum Highway, die durch noch mehr Redwood Wald führt. Einige der Bäume sind uralt und aus manchen toten Stämmen wachsen bereits neue kleine Bäume.

Huge redwood tree or tiny bicycle

Da fühlt man sich auf einmal ganz schön klein

Es gibt kaum Verkehr, was mich bei solch einer wunderschönen Strecke wirklich wundert. Hier kommt sogar die Sonne raus. Die Strahlen scheinen durch die Stämme und wir können gar nicht genug kriegen. Wenn wir bloß mehr Zeit zum Halten hätten!

Take a picture inside a tree!

Ein begehbarer Baum!

Wir stoppen heute nur ein Mal am Infozentrum und Campingplatz für Salat und Sandwiches. Dort trudelt auch Willow ein. Sie bleibt heute Nacht hier und will morgen den Nationalpark näher kennen lernen.

Some more redwoods

Redwoods sind schon was großartiges

Am anderen Ende des Nationalparks erwartet uns was wir aus dem Norden als Bear-Jam (Bären-Stau) kennen: eine Menge schlecht geparkter Autos und viele Touristen mit Kameras, die wilde Tiere entdeckt haben. Bären sehen wir keine, dafür aber gut 50 Hirsche (oder Wapiti, hier ist immer nur von „Elk“ die Rede, nicht zu verwechseln mit Moose, was hier wiederum für Elch steht).

Call for Elk information

“Für Hirschinformation bitte Radio auf 1610 am einstellen”

Der Weg ist ziemlich hügelig und als wir nach 98 Kilometern Trinidad erreichen, müssen wir eine Entscheidung fällen. Entweder hier bleiben, oder in weniger als 1 ½ Stunden Tageslicht die letzten 30 Kilometer zu Michael und Wendy radeln. Zelten kommt nicht in Frage, denn morgens um 2 würde mein kleiner Bruder heiraten und ich wollte immerhin mit Kleid, Lippenstift, Laptop und Skype dabei sein.

Ocean Grove Lodge in Trinidad, California

Ocean Grove Lodge

Es war schon traurig genug dass wir nicht „in Echt“ dabei sein konnten. Doch unser Erspartes reicht uns gerade noch so bis Tijuana. Da ist ein Flug einfach nicht drin. Traurige Realität bei solch einem Großprojekt.

Da wir weder wissen wie viel Verkehr, noch wie viele Hügel es gibt, entschließen wir uns, da zu bleiben. Außerdem ist es uns wichtig, unsere warmshowers Gastgeber auch kennen zu lernen und nicht nur einzurollen, zu essen und zu schlafen.

Ocean Grove Lodge in Trinidad, California

Das zweitbilligste Zimmer

Da die beiden auch morgen Zeit haben und ich keine Zeltnacht ohne Wlan riskieren will, versuchen wir unser Glück in einem kleinen Motel „Ocean Grove Lodge“ in Trinidad, das vom Ambiente her richtig schön in einen Horrorfilm gepasst hätte. Ein einsames Motel im Wald knapp außerhalb eines winzigen Ortes. Beim vierten Mal Klopfen rührt sich die Besitzerin. Ob sie denn noch Platz habe, will ich wissen. Platz schon, ja, aber es gäbe heute Musik.

„Oh schön!“

Laute Musik“

„Ach, das macht nichts!“

Ocean Grove Lodge in Trinidad, California

War doch gar nicht so gruselig: Ocean Grove Lodge in Trinidad

„Doch, denn es ist Reggae und die Band ist nicht wirklich gut. Feierabend ist um 2 Uhr morgens“

„Was ist das billigste Zimmer das heute frei ist?“

„Das wollt ihr nicht haben“

„…?“ (verwunderter Gesichtsausdruck)

„Das ist viel zu dicht an der lauten und schlechten Musik und überhaupt, eure Räder passen da auch nicht rein. Und draußen lassen wollt ihr die hier ganz bestimmt nicht“

„Wieso, ist diese Gegend denn so gefährlich?“

„Naja, hier wird schon mal ein Fahrrad geklaut. Wie wäre es mit dem zweitbilligsten Zimmer?“

Beautiful Arcata Town Center

Ortszentrum von Arcata

Man fühlt sich gleich Willkommen in Trinidad. Aber ich muss sagen ich finde die Dame erfrischend ehrlich. Außerdem heißt es entweder hier oder die Hochzeit verpassen.

Am nächsten Morgen erfahren wir, dass Jeff und Jesse keine 5 Meilen vor uns die Zelte aufgeschlagen haben. Zusammen radeln wir nach Bayside. Und sind froh, dass wir gestern nicht weitergefahren sind. Zum einen weil wir jetzt wieder super Begleitung haben und zum anderen, weil es die meiste Zeit einen richtigen Radweg gibt, der wirklich schön ist und den wir nun in aller Ruhe entlangradeln können, ohne Zeitdruck und mit Tageslicht.

Café in Arcata, California

Barista-Kaffee, Bio-Gemüse und kleine Restaurants statt großen Ketten, darauf stehen die Einwohner von Arcata.

Die kleine Stadt Arcata hat heute Wochenmarkt und das Stadtzentrum ist voller Gemüsestände, Honigverkäufer, Jonglierer, Akrobaten und Kräuterzüchter. Jesse und Jeff suchen sich eine Bleibe in der Stadt und wir radeln die letzten paar Kilometer zu Wendy und Michael mit Hündin Weasel und Kaninchen Bob.

Warmshowerers Wendy and Michael

Warmshowerers Wendy und Michael

Die beiden wohnen in einer ruhigen Gegend in einem schönen Holzhaus mit selbstgebauter Sauna (die abends auch gleich angeschmissen wird). Sie sind selbst viel mit dem Tandem getourt. Wendy ist Ärztin und hat sich ein paar Jahre frei genommen, um vollzeitlich als Umweltaktivistin tätig zu sein. Und sie weiß wirklich von ihrem Thema Bescheid.

Wendy and Michael with folding bikes

Die beiden machen es richtig: Klappräder kann man überall einfach mitnehmen.

Wir lernen viel – vor allem, dass am Ende die Politiker am langen Hebel sitzen, und dass diese von den Leuten gewählt werden. Und um etwas zu bessern gilt es die Politiker sorgfältig zu wählen. Außerdem erklärt Wendy uns die Wichtigkeit von Kreisläufen, von Recycling über den kompletten Haushalt und auch auf große Sicht. Momentan schreibt Wendy an ihrem ersten Buch.

community breakfast

Leckeres Community Frühstück

Michael ist pensionierter Tischler und zaubert uns eine unglaublich leckere Gemüselasagne. Er baut die tollsten Dinge, unter anderem klasse wasserdichte Radtaschen aus alten Farbeimern.

Am nächsten Morgen nehmen Michael und Wendy uns mit zum Community Frühstück. Die Community ist heute das, was früher die Gemeinde war, nur eben ganz ohne Kirche und Religion.

Volunteer as a breakfast helper and get the next breakfast free!

Wer als Freiwilliger beim Frühstück aushilft, bekommt das nächste Frühstück umsonst!

Das ist eine der Seiten, die mir in den USA sehr gut gefallen: es gibt viele solcher Veranstaltungen wie Community Frühstück, Bücheraustausch, Obst- und Gemüse Tausch (wo jeder mitbringt wovon er oder sie viel hat, und mit anderem Gemüse nach Hause geht) und allerlei kleine Orte zum Zusammenkommen. Und man ist offen für neue Gesichter.

Wir lernen ein paar sehr nette Leute kennen während wir unsere Pfannkuchen und Rühr-Tofu löffeln. Im Hintergrund spielt eine Band und wer heute beim Essen verteilen hilft, kriegt das nächste Frühstück selbst gratis.

Jeff from black heart Tattoo in San Francisco

Jeff der Künstler

In Arcata treffen wir uns wieder mit Jeff und Jesse. Mit den beiden verstehen wir uns so gut, dass wir alle beschließen, gemeinsam bis nach San Francisco durchzuradeln. Jesse ist Anfang fünfzig und ein sehr ruhiger Geselle, der Yoga, klettern und surfen liebt und sich nicht so leicht aus dem Gleichgewicht bringen lässt. Er hat sein eigenes Tattoo-Studio und ist der perfekte Ruhepol für Jeff, Ende Vierzig, mitten in einem schwierigen Scheidungsprozess, ebenfalls Tättowierer, Hundefreund und Kaffeefan.

Best travel buddies: Jesse and Jeff from San Francisco

Beste Kumpels: Jesse und Jeff aus San Francisco

Beide sind Spitzentättowierer (Link zu Jeffs und Jesses Läden, am besten ein paar Monate vorher Termin machen) und Roberto und ich haben fest beschlossen, unser erstes Tattoo soll einer der beiden stechen.

posed ....

1-2-3- Cheeeeeeeese ….

... okay, done!

… okay, fertig!

Die beiden haben einen so übel sarkastischen Humor, dass man sich beim besten Willen nicht selbst davon abbringen kann, einfach mitzumachen. Für beide ist es die erste lange Radtour und oft wenn sie vor mir her rollen, höre ich sie kichern und muss einfach mitlachen.

Lunchtime in Loleta

Mittagspäuschen in Loleta

Wir radeln bis Loleta, wo wir an der Käsefabrik Pause machen, uns durch die Proben futtern und die beiden Leckersten mitnehmen. Und einen Kaffee gibt’s noch aufs Haus. Im Dorfpark machen wir Brotzeit, bevor es zurück auf den 101 geht. Der Highway 101 ist mittlerweile ein ausgewachsener Freeway mit zwei Spuren und Ein- und Ausfahrten statt Kreuzungen, aber aus Mangel an Alternativstraßen sind Radler weiterhin erlaubt.

Natalia and Bernardo from Chile

Natalia and Bernardo zeigen Jesse Fotos vom Weg durch den Süden und wir geben den beiden Tipps für den Norden.

Great to meet those inspirational and brave cyclists going up North towards the cold against the wind. And they just love it!

Toll diese beiden inspirierenden und mutigen Radler zu treffen, die im Herbst gegen den Wind in den hohen Norden radeln.

In Fortuna halten wir erneut, denn dort stecken Bernardo und Natalia aus Chile, die wir übers Internet schon eine Weile kennen und nun endlich persönlich treffen können. Kaffeejunkies Jeff und Jesse sind ganz aus dem Häuschen als Roberto den Treffpunkt „Starbucks“ bestätigt. Natalia und Bernardo radeln gen Norden und wir tauschen jede Menge Tipps aus, bevor wir uns verabschieden.

Cycling the Avenue of the Giants

Avenue of the Giants (Alee der Giganten)

Nächster Stopp: die Avenue of the Giants (Allee der Giganten), eine gut 50 Kilometer lange Straße, die durch alte Rotholzbaumwälder führt. Die Rotholzbäume bilden ihr eigenes kleines Ökosystem und es gibt kaum andere Büsche oder Blätter. Für mich sieht das ganze fast schon wie eine Filmkulisse aus, denn der Wald wirkt einfach so aufgeräumt.

Easy riding on the Avenue of the Giants, California

Wir rollen ganz gemütlich dahin.

Inside a redwood tree

Jeff ist nun Teil des Baumes

Manche der Bäume sind uralt und riesig und aus toten Baumstümpfen wachsen schon wieder neue kleine Bäume.

Wir halten nonstop, es ist einfach zu schön um wahr zu sein. Wie immer zelten wir auf dem Hiker Biker Camping mitten im Wald.

Redwoods Camping Hiker Biker

Besser geht es ja kaum. Camping inmitten der Rotholzbäume

the fearless vier!

Unser neues Viererteam – die fearless vier!

Am nächsten Morgen geht es zurück auf den Freeway und bald erreichen wir Garberville. Diese kleine Stadt ist wirklich etwas Besonderes. Dieser Teil Kaliforniens bietet nahezu perfekte Bedingungen für den Anbau von Marihuana und Garberville ist umgeben von allerlei Farmen.

View into the redwoods

Der 4x tättowierte Sumo. Hintern von Tom aus Vernon und Ben aus Seattle, Arme je von Jesse und Jeff

Zur Erntezeit finden sich junge Leute von überall in der Gegend ein, die mit dem Ernten schnelles und einfaches Geld machen wollen. Und Garberville ist der Dreh- und Angelpunkt dieses Geschäfts. So weit das Auge reicht sehen wir Dreadlocks, bunte Hosen und müde Gesichter. Der Supermarkt ist proppevoll.

Jeff Rassier and Jesse Tuesday

Liebe Kinder, keine Sorge, das ist nur der Zeigefinger.

In Garberville werden die Einkäufe erledigt, die dann auf die teils entlegenen Farmen gebracht werden. Hier werden Erntehilfen eingesammelt und nach der Ernte wieder abgesetzt, hier tauscht die Erntecommunity sich aus. Mehrfach werden wir gewarnt, den Highway besser nicht zu verlassen. Natürlich halten wir uns daran.

Huge redwood tree

Hier könnte locker eine Hobbitfamilie einziehen.

Relaxed rolling through the Avenue of the Giants

Mit dem Rad durch die Allee der Giganten

Roberto und ich haben mit den Jahren gelernt, unserem Bauchgefühl zu trauen und keine der Nebenstraßen sieht besonders einladend aus.

Wir zelten kurz vor Leggett auf einem Hiker Biker Platz mit Münzduschen, einer waschbärsicheren Box, regendichten Steckdosen, jeder Menge Platz, einem Radständer für Reparaturen und mehreren Picknicktischen unter einem Dach. Hier weiß man, was der müde Radler braucht.

Hiker Biker near Leggett

Sehr entspanntes Camping

Little store near Leggett

Ein echter Tante-Emma-Laden für so ziemlich alles gleich gegenüber

Outdoor restaurant with burgers on Highway 101 near Leggett

Dazu noch Burger und Bier – perfekt!

Außerdem gibt es auf der anderen Straßenseite einen kleinen Laden und ein Draußen-Restaurant mit Burgern und Bier. Heute ging es fast den ganzen Tag bergauf und die Kalorien und Proteine zergehen fast auf der Zunge.

Über dem Lagerfeuer quatschen wir mit den anderen Radlern und trocknen unsere Klamotten.

Hike and Bike Camping on Highway 101, California

Hike and Bike Camping extra für Wanderer und Radler

Doch der große Hügel steht uns noch bevor. Heute geht es nämlich vom Highway 101 zum Küstenhighway 1. Und zwischen dem Inland und der Küste gibt es allerlei Höhenmeter. Den höchsten Berg haben wir überraschend schnell geschafft. Das liegt für mich zum Großteil daran, dass ich mir Jesses und Jeffs Kaffeekonsum angewöhnt habe und den Tag völlig überdreht starte.

Camping in the nature

Camping in der Natur

Die Abfahrt ist so lang, dass wir zwischendurch halten müssen, um die Felgen abkühlen zu lassen. Schließlich wollen wir unsere Bremsbeläge noch ein bisschen weiternutzen. Und als wir uns gerade freuen, dass wir das Schlimmste hinter uns haben, kommt der zweite Hügel.

From Highway 101 to 1

Endlich wieder am Meer!

Mittlerweile hat das Koffein die Blutlaufbahn verlassen und ich stehe motivationslos da. Der Berg ist etwas kürzer als der erste, aber viel steiler. Zum Glück hatte bisher jeder Berg irgendwo ein Ende und dieser war da keine Ausnahme. Bald erreichen wir endlich wieder das Meer. Es ist sonnig und die Blicke über die Felsen sind großartig.

Bike path on PCBR

Hier gibt es sogar einen echten Fahrradweg abseits der Straße!

Doch von nun an geht es konstant rauf und runter, wir radeln im kleinsten und größten Gang, aber nie dazwischen.

Jeff und Jesse sind große Kaffee Fans und wir halten an allerlei Cafés und Bäckereien.

cycling the US West Coast

Es ist eine landschaftlich beeindruckende Strecke, aber meine Beine sind schon seit dem zweiten Berg nicht mehr zu gebrauchen.

Am Abend schlagen wir das Zelt auf einem Hiker Biker Platz auf, der scheinbar für die Saison geschlossen ist. Doch es ging einen langen steilen Hügel hinunter zum Zeltplatz und den will keiner von uns wieder raufschieben um kurz vor Dämmerung zum nächsten Platz weiterzuradeln.

Beautiful Mendocino Coast

Der tolle Blick ist eine gute Ausrede um immer wieder zu halten und die Beine auszuschütteln.

Die Klos sind geöffnet, das Wasser läuft wunderbar und sogar das Licht brennt. Wir schließen daraus, dass das Zelten für Wanderer und Radler wohl auch außerhalb der Saison okay ist. Jeff und Jesse, die beiden tättowierten Männer, sind etwas nervös und haben Angst, dass ein Ranger kommt und uns alle rausschmeißt.

Happy Cyclists in Mendocino County

Zurück am Pazifik in Mendocino County.

Als wir gerade die Zelte aufbauen, kommt Jin aus Korea angerollt. Ohne lange darüber nachzudenken schiebt er sein Rad an der Schranke vorbei in den abgesperrten Zeltplatz. Mit ihm sind wir in Kanada von Lake Louise nach Golden geradelt. Wir alle schmeißen unseren Proviant zusammen und machen ein Buffet.

Am nächsten Morgen fahren doch tatsächlich zwei Ranger an uns vorbei, als wir gerade die Räder den Hügel zur Straße hinaufschieben, doch beide grüßen nett.

Jin from Korea

Unser kleines Team wächst. Neustes Mitglied: Jin aus Korea.

Jin schließt sich uns an und zu fünft radeln wir die Küstenhügel ruf und runter. Immer wieder treffen wir auf bekannte Radlergesichter. Die Dörfer sind in perfektem Pausenabstand und man trifft sich am Tante-Emma Laden oder der Tanke. Und natürlich Abends beim Zelten. Da ist das „motivierte Paar“ in Partner-Radtrikots. Die beiden haben einen exakten Plan und wissen Montags schon genau, wo sie Freitags schlafen. Bei jedem Treffen geben sie uns ein paar gut gemeinte Radlertipps. „Immer schön im kleinsten Gang bleiben!“, rät sie uns bevor die beiden den ersten Hügel hinaufkeuchen. „Bloß nicht anhalten!“ und dann beim nächsten Hügel noch „nicht das Wasser trinken vergessen!“. Kommentar der sarkastischeren Teammitglieder: „Ohne die beiden wären wir wohl im höchsten Gang verdurstet.“

Coffee break in Mendocino County

Kaffeepause! Ich glaube in diesen 14 Tagen habe ich mehr Kaffee getrunken als in den vorherigen 29 Jahren. Doch ab San Francisco geht es mit kleinerem Budget und weitgehend kaffeefrei weiter.

Dann ist da das „Blumenmädchen“, die wir in einem Café kennen lernen, wo sie sich aus ominösen Kräutern einen Smoothie zaubert. Sie ist extrem, also wirklich extrem begeistert von allem was man ihr sagt und ihr Grinsen geht konstant von einem Ohr bis zum Anderen. Wir wissen anfangs nicht einmal, dass sie selbst radelt, denn sie erwähnt es mit keinem Wort und wir sehen auch vorm Café kein anderes Fahrrad. Erst am Nachmittag hören wir von einem Autofahrer dass er ein sehr verwirrtes Mädchen auf ihrem Rad überholt hat. Tage später sehen wir sie kurz an einem Privatzeltplatz, wo sie ihr Zelt und Rad im Wald versteckt. Ich glaube sie steckt ein bisschen in ihrer eigenen Welt, aber sie scheint die Reise zu genießen.

Coffeeeeee

Jesse startet den Tag mit einem großen Schluck Kaffee und einem tiefen Seufzer.

Josh haben wir am ersten Abend an der Küste kennen gelernt. Der Australier sieht trotz großem Gepäcks irgendwie immer frisch und erholt aus und dreht gerne Extra Runden, um noch bessere Fotos zu schießen. Abends kocht er die leckersten Gourmet Abendessen auf seinem kleinen Trangia. Keine Ahnung, wo er die Energie hernimmt, aber ich habe ihn nie Smoothies trinken sehen.

Another one of those coffee stops. When in Rome do as the Romans do?

Man muss sich eben den örtlichen Gepflogenheiten anpassen. Kaffee und Kuchen? Wunderbar.

Josh genießt es, den Tag mit sich selbst zu verbringen, anzuhalten wenn es ihm passt und einfach spontan entscheiden zu können. Doch ihm gefallen genauso die Abende mit netter Begleitung auf dem Zeltplatz.

The four Js: Jin, Josh, Jesse and Jeff

Die vier Js: Jin, Josh, Jesse und Jeff

Und dann ist da Natalie, aka „Die mit der Ukulele“, eine junge Frau die, gefragt wo sie denn herkommt „von überall“ antwortet. Sie radelt mit einem ziemlich schrottigen Gefährt, auf das sie ein paar Taschen festgebunden hat. Wenn da nicht die Dreadlocks und die Tasche mit der Ukulele wären, erinnert sie mich doch sehr an uns beide in den ersten Monaten, denn auch wir sind 2011 mit einem sehr kreativ improvisierten Gepäcksystem gestartet.

Raccoon proof storage for camping

Waschbärsichere Lebensmittelbox

Den „schnellen Tschechen“ haben wir bald verloren. Er reißt über 120 Meilen (200 Kilometer!) am Tag runter, um rechtzeitig aus den USA rauszukommen, bevor das Visum abläuft. Nebenher arbeitet er sogar noch hier und da. Dennoch hat er nur ein Jahr gebraucht um von Tschechien nach China und von Fairbanks, Alaska nach Oregon zu radeln. Das lässt uns im Vergleich ziemlich alt aussehen.

Bay Leave Camping California

Zelten unter Lorbeerbäumen

Immer wieder treffen wir einige von ihnen. Abends kauft Jin eine riesige Tüte voller Dosenbier und wir lachen uns den ganzen Abend lang schlapp. Heute starten wir den Tag mit leckeren Mac-and-cheese (Käsenudeln) von Jesse. Einige Biere später zaubert ebenfalls Jesse uns die weltschlechteste Minnestrone Suppe. Ich löffle unterstützend und versuche mit etwas Käse den schlimmsten Geschmack zu übertönen, doch als ich die ekelverzerrten Gesichter der Anderen sehe, beschließe ich dass eine halbe Tasse voll wirklich genug der Höflichkeit ist.

Jin is getting ready for the day

Jin ist startklar

Campfire

Lagerfeuer

Noch ein paar Biere später landet Jins zum trocknen aufgehängter Radelhandschuh im Lagerfeuer. Wir beschließen einstimmig, dass nun Zeit für Feierabend ist. Gut dass wir heute wieder einen Zeltplatz voller Bäume haben, denn die hemmen die Geräusche ganz wunderbar.

Roof of leaves

Blätterdach

10 Minute delays for one cow?

10 Minuten Verspätung wegen einer einzelnen Kuh? Eher nicht.

Der Weg die Küste entlang ist wirklich wunderschön, aber ziemlich happig. Oft radeln wir weit hinauf und können weit blicken, dann müssen wir alles wieder runter, in einer scharfen Rechtskurve über eine Brücke und im nächsten Moment gleich wieder steil bergauf. Einmal ist es so steil, dass ich beim Treten mein Vorderrad trotz aller Taschen in die Luft reiße.

Pretty tough climbs in Mendocino County

Ein paar fiese Steigungen, damit den Radlern nicht langweilig wird.

Cycling through arid California

Kalifornien ist ziemlich ausgetrocknet, doch gerade an der Küste findet sich immer ein grüner Baum oder Strauch.

Kalifornien befindet sich in einer Dürre und das sieht man den Feldern an. Die Kühe und Schafe stehen auf Staubfeldern, die Büsche sind verkommen, oft gibt es nichts als schroffe Felsen und braune Felder. In manchen Restaurants gibt es nur Plastikbesteck, um Wasser für den Abwasch zu sparen.

The world's worst minestrone soup.

Die schlechteste Minestrone der Welt. Nicht einmal die Konsistenz erinnert an Suppe.

Cycling California

Unsere Fahrradgang

Mit Jesse und Jeff verstehen wir uns blendend und wir fahren sogar in etwa der gleichen Geschwindigkeit. Bergab und auf den wenigen flachen Strecken überholen wir die beiden in Null Komma Nix, doch bergauf fahren sie locker vor uns, während ich im niedrigsten Gang keuche.

Cycling the Westcoast

Trockene Landschaft und der große blaue Ozean. Wir können uns gar nicht satt sehen.

The pacific ocean was so blue

Man glaubt gar nicht dass man sich im dicht besiedelten Kalifornien befindet.

Die Golden Gate Brücke erreichen wir am vierzehnten Tag ohne Pause. Unser einziger Ruhetag seit Portland war der Sturmtag in Yachats. Wir sind alle vier völlig aus dem Häuschen. Die gemeinsame Fahrt hat uns zusammengeschweißt. Wir haben zusammen gejammert, Waschbären verscheucht, Erdnussbutter mit Salami gefuttert und einander wirklich gut kennen gelernt.

cycling to San Francisco

Die letzten Kilometer auf dem Weg nach San Francisco

The Golden Gate Bridge

Die Golden Gate Brücke

Jeff lädt uns auch gleich ein, bei ihm zu übernachten. Wir erreichen San Francisco mit Freunden auf Rädern statt Blumen im Haar.

Jeff cycles with beer

Unser letzter gemeinsamer Abend unterwegs. Da gönnen wir uns wieder ein paar Bierchen.

San Francisco's City Limits

Wir haben offiziell San Francisco erreicht!

On the other side

Blick von der anderen Seite aus.

 

5558 Total Views 3 Views Today
  1. Pingback: Cycling California Part 1: Redwoods and dreadlocks - Tasting Travels

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

*