Mit dem Rad durch Kalifornien Teil 1: Von Riesenbäumen und Dreadlocks
Land: USA
Von Crescent City bis San Francisco
Draus gelernt: In Garberville besser auf der Hauptstraße bleiben
Drüber gelacht: Mit Jeff und Jesse wird quasi nonstop gelacht
Schönstes kleines Wunder: Die Rotholzbaum Wälder
Größte Herausforderung: Hungrige Waschbären
Geradelte Tage: 9
Geradelte Kilometer: 684
Durchschnittliche Kilometer pro Tag: 76
Insgesamt bis San Francisco geradelte Kilometer: 24.849
Letzten Blog verpasst? Hier kommt er: Oregon Küste per Fahrrad
Blog in English: Cycling California Part 1
In Crescent City radeln wir getrennt weiter. Willow will ein paar Tage in den Redwoods verbringen, Jesse und Jeff wollen es ruhig angehen lassen und Roberto und ich wollen versuchen, es an einem Tag nach Bayside zu schaffen, denn dort wohnen Wendy und Michael von warmshowers.
Gleich am Ortsausgang sehen wir eine große Herde Rothirsche (Wapiti?). Aus Alaska und Kanada haben wir gelernt, während der Brunftzeit besser respektvollen Abstand zu halten, also radeln wir langsam vorbei. Die Hirsche beobachten uns genau, aber rühren sich nicht. Gras schmeckt eben besser als verschwitzte Radler.
Der Tag startet mit einem langen und recht steilen Hügel. Es geht direkt durch die großen Redwoods. Der Nebel bedeckt die Straße und bringt noch mehr mystische Atmosphäre in die moosbedeckten Bäume und farnbewachsenen Felsen.
Es ist feucht und kühl und die Fahrt ist absolut beeindruckend. Ich warte nur darauf dass zwischen den Stämmen ein Troll auftaucht. Denn wenn es irgendwo Trolle und Kobolde gäbe, dann sieht dies nach ihrem perfekten Lebensraum aus.
Eine Weile lang folgen wir der Küste, dann geht es erneut hinauf in den Wald. Im Anstieg liegt eine Baustelle und der Verkehr wird abwechselnd durchgelassen. Wir geben Gas, denn wir wollen nicht dass die Autofahrer auf der anderen Seite alle auf uns warten müssen.
Der Arbeiter, der das Stoppschild hält, ruft uns „fast geschafft, nur noch eine Meile!“ zu. Wir strahlen und bedanken uns.
Und nun stimmen die ganzen Autofahrer mit heruntergelassenen Scheiben mit ein. „Gut gemacht!”, rufen sie und „weiter so“ und „ihr habt’s fast geschafft!“ So toll wurden wir noch nie angefeuert. Wir haben einen richtigen Motivationsschub und sausen das letzte Stück Steigung nur so hinauf.
Hier verläuft eine zehn Meilen lange Straße parallel zum Highway, die durch noch mehr Redwood Wald führt. Einige der Bäume sind uralt und aus manchen toten Stämmen wachsen bereits neue kleine Bäume.
Es gibt kaum Verkehr, was mich bei solch einer wunderschönen Strecke wirklich wundert. Hier kommt sogar die Sonne raus. Die Strahlen scheinen durch die Stämme und wir können gar nicht genug kriegen. Wenn wir bloß mehr Zeit zum Halten hätten!
Wir stoppen heute nur ein Mal am Infozentrum und Campingplatz für Salat und Sandwiches. Dort trudelt auch Willow ein. Sie bleibt heute Nacht hier und will morgen den Nationalpark näher kennen lernen.
Am anderen Ende des Nationalparks erwartet uns was wir aus dem Norden als Bear-Jam (Bären-Stau) kennen: eine Menge schlecht geparkter Autos und viele Touristen mit Kameras, die wilde Tiere entdeckt haben. Bären sehen wir keine, dafür aber gut 50 Hirsche (oder Wapiti, hier ist immer nur von „Elk“ die Rede, nicht zu verwechseln mit Moose, was hier wiederum für Elch steht).
Der Weg ist ziemlich hügelig und als wir nach 98 Kilometern Trinidad erreichen, müssen wir eine Entscheidung fällen. Entweder hier bleiben, oder in weniger als 1 ½ Stunden Tageslicht die letzten 30 Kilometer zu Michael und Wendy radeln. Zelten kommt nicht in Frage, denn morgens um 2 würde mein kleiner Bruder heiraten und ich wollte immerhin mit Kleid, Lippenstift, Laptop und Skype dabei sein.
Es war schon traurig genug dass wir nicht „in Echt“ dabei sein konnten. Doch unser Erspartes reicht uns gerade noch so bis Tijuana. Da ist ein Flug einfach nicht drin. Traurige Realität bei solch einem Großprojekt.
Da wir weder wissen wie viel Verkehr, noch wie viele Hügel es gibt, entschließen wir uns, da zu bleiben. Außerdem ist es uns wichtig, unsere warmshowers Gastgeber auch kennen zu lernen und nicht nur einzurollen, zu essen und zu schlafen.
Da die beiden auch morgen Zeit haben und ich keine Zeltnacht ohne Wlan riskieren will, versuchen wir unser Glück in einem kleinen Motel „Ocean Grove Lodge“ in Trinidad, das vom Ambiente her richtig schön in einen Horrorfilm gepasst hätte. Ein einsames Motel im Wald knapp außerhalb eines winzigen Ortes. Beim vierten Mal Klopfen rührt sich die Besitzerin. Ob sie denn noch Platz habe, will ich wissen. Platz schon, ja, aber es gäbe heute Musik.
„Oh schön!“
„Laute Musik“
„Ach, das macht nichts!“
„Doch, denn es ist Reggae und die Band ist nicht wirklich gut. Feierabend ist um 2 Uhr morgens“
„Was ist das billigste Zimmer das heute frei ist?“
„Das wollt ihr nicht haben“
„…?“ (verwunderter Gesichtsausdruck)
„Das ist viel zu dicht an der lauten und schlechten Musik und überhaupt, eure Räder passen da auch nicht rein. Und draußen lassen wollt ihr die hier ganz bestimmt nicht“
„Wieso, ist diese Gegend denn so gefährlich?“
„Naja, hier wird schon mal ein Fahrrad geklaut. Wie wäre es mit dem zweitbilligsten Zimmer?“
Man fühlt sich gleich Willkommen in Trinidad. Aber ich muss sagen ich finde die Dame erfrischend ehrlich. Außerdem heißt es entweder hier oder die Hochzeit verpassen.
Am nächsten Morgen erfahren wir, dass Jeff und Jesse keine 5 Meilen vor uns die Zelte aufgeschlagen haben. Zusammen radeln wir nach Bayside. Und sind froh, dass wir gestern nicht weitergefahren sind. Zum einen weil wir jetzt wieder super Begleitung haben und zum anderen, weil es die meiste Zeit einen richtigen Radweg gibt, der wirklich schön ist und den wir nun in aller Ruhe entlangradeln können, ohne Zeitdruck und mit Tageslicht.
Die kleine Stadt Arcata hat heute Wochenmarkt und das Stadtzentrum ist voller Gemüsestände, Honigverkäufer, Jonglierer, Akrobaten und Kräuterzüchter. Jesse und Jeff suchen sich eine Bleibe in der Stadt und wir radeln die letzten paar Kilometer zu Wendy und Michael mit Hündin Weasel und Kaninchen Bob.
Die beiden wohnen in einer ruhigen Gegend in einem schönen Holzhaus mit selbstgebauter Sauna (die abends auch gleich angeschmissen wird). Sie sind selbst viel mit dem Tandem getourt. Wendy ist Ärztin und hat sich ein paar Jahre frei genommen, um vollzeitlich als Umweltaktivistin tätig zu sein. Und sie weiß wirklich von ihrem Thema Bescheid.
Wir lernen viel – vor allem, dass am Ende die Politiker am langen Hebel sitzen, und dass diese von den Leuten gewählt werden. Und um etwas zu bessern gilt es die Politiker sorgfältig zu wählen. Außerdem erklärt Wendy uns die Wichtigkeit von Kreisläufen, von Recycling über den kompletten Haushalt und auch auf große Sicht. Momentan schreibt Wendy an ihrem ersten Buch.
Michael ist pensionierter Tischler und zaubert uns eine unglaublich leckere Gemüselasagne. Er baut die tollsten Dinge, unter anderem klasse wasserdichte Radtaschen aus alten Farbeimern.
Am nächsten Morgen nehmen Michael und Wendy uns mit zum Community Frühstück. Die Community ist heute das, was früher die Gemeinde war, nur eben ganz ohne Kirche und Religion.
Das ist eine der Seiten, die mir in den USA sehr gut gefallen: es gibt viele solcher Veranstaltungen wie Community Frühstück, Bücheraustausch, Obst- und Gemüse Tausch (wo jeder mitbringt wovon er oder sie viel hat, und mit anderem Gemüse nach Hause geht) und allerlei kleine Orte zum Zusammenkommen. Und man ist offen für neue Gesichter.
Wir lernen ein paar sehr nette Leute kennen während wir unsere Pfannkuchen und Rühr-Tofu löffeln. Im Hintergrund spielt eine Band und wer heute beim Essen verteilen hilft, kriegt das nächste Frühstück selbst gratis.
In Arcata treffen wir uns wieder mit Jeff und Jesse. Mit den beiden verstehen wir uns so gut, dass wir alle beschließen, gemeinsam bis nach San Francisco durchzuradeln. Jesse ist Anfang fünfzig und ein sehr ruhiger Geselle, der Yoga, klettern und surfen liebt und sich nicht so leicht aus dem Gleichgewicht bringen lässt. Er hat sein eigenes Tattoo-Studio und ist der perfekte Ruhepol für Jeff, Ende Vierzig, mitten in einem schwierigen Scheidungsprozess, ebenfalls Tättowierer, Hundefreund und Kaffeefan.
Beide sind Spitzentättowierer (Link zu Jeffs und Jesses Läden, am besten ein paar Monate vorher Termin machen) und Roberto und ich haben fest beschlossen, unser erstes Tattoo soll einer der beiden stechen.
Die beiden haben einen so übel sarkastischen Humor, dass man sich beim besten Willen nicht selbst davon abbringen kann, einfach mitzumachen. Für beide ist es die erste lange Radtour und oft wenn sie vor mir her rollen, höre ich sie kichern und muss einfach mitlachen.
Wir radeln bis Loleta, wo wir an der Käsefabrik Pause machen, uns durch die Proben futtern und die beiden Leckersten mitnehmen. Und einen Kaffee gibt’s noch aufs Haus. Im Dorfpark machen wir Brotzeit, bevor es zurück auf den 101 geht. Der Highway 101 ist mittlerweile ein ausgewachsener Freeway mit zwei Spuren und Ein- und Ausfahrten statt Kreuzungen, aber aus Mangel an Alternativstraßen sind Radler weiterhin erlaubt.
In Fortuna halten wir erneut, denn dort stecken Bernardo und Natalia aus Chile, die wir übers Internet schon eine Weile kennen und nun endlich persönlich treffen können. Kaffeejunkies Jeff und Jesse sind ganz aus dem Häuschen als Roberto den Treffpunkt „Starbucks“ bestätigt. Natalia und Bernardo radeln gen Norden und wir tauschen jede Menge Tipps aus, bevor wir uns verabschieden.
Nächster Stopp: die Avenue of the Giants (Allee der Giganten), eine gut 50 Kilometer lange Straße, die durch alte Rotholzbaumwälder führt. Die Rotholzbäume bilden ihr eigenes kleines Ökosystem und es gibt kaum andere Büsche oder Blätter. Für mich sieht das ganze fast schon wie eine Filmkulisse aus, denn der Wald wirkt einfach so aufgeräumt.
Manche der Bäume sind uralt und riesig und aus toten Baumstümpfen wachsen schon wieder neue kleine Bäume.
Wir halten nonstop, es ist einfach zu schön um wahr zu sein. Wie immer zelten wir auf dem Hiker Biker Camping mitten im Wald.
Am nächsten Morgen geht es zurück auf den Freeway und bald erreichen wir Garberville. Diese kleine Stadt ist wirklich etwas Besonderes. Dieser Teil Kaliforniens bietet nahezu perfekte Bedingungen für den Anbau von Marihuana und Garberville ist umgeben von allerlei Farmen.
Zur Erntezeit finden sich junge Leute von überall in der Gegend ein, die mit dem Ernten schnelles und einfaches Geld machen wollen. Und Garberville ist der Dreh- und Angelpunkt dieses Geschäfts. So weit das Auge reicht sehen wir Dreadlocks, bunte Hosen und müde Gesichter. Der Supermarkt ist proppevoll.
In Garberville werden die Einkäufe erledigt, die dann auf die teils entlegenen Farmen gebracht werden. Hier werden Erntehilfen eingesammelt und nach der Ernte wieder abgesetzt, hier tauscht die Erntecommunity sich aus. Mehrfach werden wir gewarnt, den Highway besser nicht zu verlassen. Natürlich halten wir uns daran.
Roberto und ich haben mit den Jahren gelernt, unserem Bauchgefühl zu trauen und keine der Nebenstraßen sieht besonders einladend aus.
Wir zelten kurz vor Leggett auf einem Hiker Biker Platz mit Münzduschen, einer waschbärsicheren Box, regendichten Steckdosen, jeder Menge Platz, einem Radständer für Reparaturen und mehreren Picknicktischen unter einem Dach. Hier weiß man, was der müde Radler braucht.
Außerdem gibt es auf der anderen Straßenseite einen kleinen Laden und ein Draußen-Restaurant mit Burgern und Bier. Heute ging es fast den ganzen Tag bergauf und die Kalorien und Proteine zergehen fast auf der Zunge.
Über dem Lagerfeuer quatschen wir mit den anderen Radlern und trocknen unsere Klamotten.
Doch der große Hügel steht uns noch bevor. Heute geht es nämlich vom Highway 101 zum Küstenhighway 1. Und zwischen dem Inland und der Küste gibt es allerlei Höhenmeter. Den höchsten Berg haben wir überraschend schnell geschafft. Das liegt für mich zum Großteil daran, dass ich mir Jesses und Jeffs Kaffeekonsum angewöhnt habe und den Tag völlig überdreht starte.
Die Abfahrt ist so lang, dass wir zwischendurch halten müssen, um die Felgen abkühlen zu lassen. Schließlich wollen wir unsere Bremsbeläge noch ein bisschen weiternutzen. Und als wir uns gerade freuen, dass wir das Schlimmste hinter uns haben, kommt der zweite Hügel.
Mittlerweile hat das Koffein die Blutlaufbahn verlassen und ich stehe motivationslos da. Der Berg ist etwas kürzer als der erste, aber viel steiler. Zum Glück hatte bisher jeder Berg irgendwo ein Ende und dieser war da keine Ausnahme. Bald erreichen wir endlich wieder das Meer. Es ist sonnig und die Blicke über die Felsen sind großartig.
Doch von nun an geht es konstant rauf und runter, wir radeln im kleinsten und größten Gang, aber nie dazwischen.
Jeff und Jesse sind große Kaffee Fans und wir halten an allerlei Cafés und Bäckereien.
Am Abend schlagen wir das Zelt auf einem Hiker Biker Platz auf, der scheinbar für die Saison geschlossen ist. Doch es ging einen langen steilen Hügel hinunter zum Zeltplatz und den will keiner von uns wieder raufschieben um kurz vor Dämmerung zum nächsten Platz weiterzuradeln.
Die Klos sind geöffnet, das Wasser läuft wunderbar und sogar das Licht brennt. Wir schließen daraus, dass das Zelten für Wanderer und Radler wohl auch außerhalb der Saison okay ist. Jeff und Jesse, die beiden tättowierten Männer, sind etwas nervös und haben Angst, dass ein Ranger kommt und uns alle rausschmeißt.
Als wir gerade die Zelte aufbauen, kommt Jin aus Korea angerollt. Ohne lange darüber nachzudenken schiebt er sein Rad an der Schranke vorbei in den abgesperrten Zeltplatz. Mit ihm sind wir in Kanada von Lake Louise nach Golden geradelt. Wir alle schmeißen unseren Proviant zusammen und machen ein Buffet.
Am nächsten Morgen fahren doch tatsächlich zwei Ranger an uns vorbei, als wir gerade die Räder den Hügel zur Straße hinaufschieben, doch beide grüßen nett.
Jin schließt sich uns an und zu fünft radeln wir die Küstenhügel ruf und runter. Immer wieder treffen wir auf bekannte Radlergesichter. Die Dörfer sind in perfektem Pausenabstand und man trifft sich am Tante-Emma Laden oder der Tanke. Und natürlich Abends beim Zelten. Da ist das „motivierte Paar“ in Partner-Radtrikots. Die beiden haben einen exakten Plan und wissen Montags schon genau, wo sie Freitags schlafen. Bei jedem Treffen geben sie uns ein paar gut gemeinte Radlertipps. „Immer schön im kleinsten Gang bleiben!“, rät sie uns bevor die beiden den ersten Hügel hinaufkeuchen. „Bloß nicht anhalten!“ und dann beim nächsten Hügel noch „nicht das Wasser trinken vergessen!“. Kommentar der sarkastischeren Teammitglieder: „Ohne die beiden wären wir wohl im höchsten Gang verdurstet.“
Dann ist da das „Blumenmädchen“, die wir in einem Café kennen lernen, wo sie sich aus ominösen Kräutern einen Smoothie zaubert. Sie ist extrem, also wirklich extrem begeistert von allem was man ihr sagt und ihr Grinsen geht konstant von einem Ohr bis zum Anderen. Wir wissen anfangs nicht einmal, dass sie selbst radelt, denn sie erwähnt es mit keinem Wort und wir sehen auch vorm Café kein anderes Fahrrad. Erst am Nachmittag hören wir von einem Autofahrer dass er ein sehr verwirrtes Mädchen auf ihrem Rad überholt hat. Tage später sehen wir sie kurz an einem Privatzeltplatz, wo sie ihr Zelt und Rad im Wald versteckt. Ich glaube sie steckt ein bisschen in ihrer eigenen Welt, aber sie scheint die Reise zu genießen.
Josh haben wir am ersten Abend an der Küste kennen gelernt. Der Australier sieht trotz großem Gepäcks irgendwie immer frisch und erholt aus und dreht gerne Extra Runden, um noch bessere Fotos zu schießen. Abends kocht er die leckersten Gourmet Abendessen auf seinem kleinen Trangia. Keine Ahnung, wo er die Energie hernimmt, aber ich habe ihn nie Smoothies trinken sehen.
Josh genießt es, den Tag mit sich selbst zu verbringen, anzuhalten wenn es ihm passt und einfach spontan entscheiden zu können. Doch ihm gefallen genauso die Abende mit netter Begleitung auf dem Zeltplatz.
Und dann ist da Natalie, aka „Die mit der Ukulele“, eine junge Frau die, gefragt wo sie denn herkommt „von überall“ antwortet. Sie radelt mit einem ziemlich schrottigen Gefährt, auf das sie ein paar Taschen festgebunden hat. Wenn da nicht die Dreadlocks und die Tasche mit der Ukulele wären, erinnert sie mich doch sehr an uns beide in den ersten Monaten, denn auch wir sind 2011 mit einem sehr kreativ improvisierten Gepäcksystem gestartet.
Den „schnellen Tschechen“ haben wir bald verloren. Er reißt über 120 Meilen (200 Kilometer!) am Tag runter, um rechtzeitig aus den USA rauszukommen, bevor das Visum abläuft. Nebenher arbeitet er sogar noch hier und da. Dennoch hat er nur ein Jahr gebraucht um von Tschechien nach China und von Fairbanks, Alaska nach Oregon zu radeln. Das lässt uns im Vergleich ziemlich alt aussehen.
Immer wieder treffen wir einige von ihnen. Abends kauft Jin eine riesige Tüte voller Dosenbier und wir lachen uns den ganzen Abend lang schlapp. Heute starten wir den Tag mit leckeren Mac-and-cheese (Käsenudeln) von Jesse. Einige Biere später zaubert ebenfalls Jesse uns die weltschlechteste Minnestrone Suppe. Ich löffle unterstützend und versuche mit etwas Käse den schlimmsten Geschmack zu übertönen, doch als ich die ekelverzerrten Gesichter der Anderen sehe, beschließe ich dass eine halbe Tasse voll wirklich genug der Höflichkeit ist.
Noch ein paar Biere später landet Jins zum trocknen aufgehängter Radelhandschuh im Lagerfeuer. Wir beschließen einstimmig, dass nun Zeit für Feierabend ist. Gut dass wir heute wieder einen Zeltplatz voller Bäume haben, denn die hemmen die Geräusche ganz wunderbar.
Der Weg die Küste entlang ist wirklich wunderschön, aber ziemlich happig. Oft radeln wir weit hinauf und können weit blicken, dann müssen wir alles wieder runter, in einer scharfen Rechtskurve über eine Brücke und im nächsten Moment gleich wieder steil bergauf. Einmal ist es so steil, dass ich beim Treten mein Vorderrad trotz aller Taschen in die Luft reiße.
Kalifornien befindet sich in einer Dürre und das sieht man den Feldern an. Die Kühe und Schafe stehen auf Staubfeldern, die Büsche sind verkommen, oft gibt es nichts als schroffe Felsen und braune Felder. In manchen Restaurants gibt es nur Plastikbesteck, um Wasser für den Abwasch zu sparen.
Mit Jesse und Jeff verstehen wir uns blendend und wir fahren sogar in etwa der gleichen Geschwindigkeit. Bergab und auf den wenigen flachen Strecken überholen wir die beiden in Null Komma Nix, doch bergauf fahren sie locker vor uns, während ich im niedrigsten Gang keuche.
Die Golden Gate Brücke erreichen wir am vierzehnten Tag ohne Pause. Unser einziger Ruhetag seit Portland war der Sturmtag in Yachats. Wir sind alle vier völlig aus dem Häuschen. Die gemeinsame Fahrt hat uns zusammengeschweißt. Wir haben zusammen gejammert, Waschbären verscheucht, Erdnussbutter mit Salami gefuttert und einander wirklich gut kennen gelernt.
Jeff lädt uns auch gleich ein, bei ihm zu übernachten. Wir erreichen San Francisco mit Freunden auf Rädern statt Blumen im Haar.
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