Mit dem Rad durch Alaska: Glenn Highway per Fahrrad

Biking the Glenn Highway

Wir haben den Glenn Highway ganz für uns

Mit dem Rad durch Alaska: Glenn Highway per Fahrrad

Land: Hawaii und Alaska, USA

Von Honolulu, Hawaii bis kurz vorm Eureka Summit

Draus gelernt: Durchschlafen in der Mitternachtssonne ist Trainingssache

Drüber gelacht: Das versteckte Huhn

Schönstes kleines Wunder: Die verrückten Lowes und ihr Überraschungsbesuch

Größte Herausforderung: Flauschigen „Schnee“ aus dem Gesicht zu halten

Geradelte Tage: 3

Geradelte Kilometer: 207,6

Durchschnittliche Kilometer pro Tag: 69,2

Insgesamt bis kurz vorm Eureka Summit geradelte Kilometer: 19.641

Die letzten beiden Nächte in Hawaii verbringen wir bei Ted und Norma. Die beiden wohnen in einer tollen Wohnung direkt am Meer und die Brandung ist das erste was wir sehen, wenn wir morgens die Augen aufmachen.

Ted und Norma !

Ted und Norma !

Ted, Norma und Patricia helfen uns mit allem und fahren uns samt Rädern sogar bis zum Flughafen.

A room with a view

Was für ein Blick! Wir schlafen wie auf zwei Wolken.

Zwei mal steigen wir um, dann haben wir es nach Anchorage, Alaska geschafft. Statt Shorts und T-Shirt sind nun Fleece und dicke Wanderschuhe angesagt.

Welcome to Anchorage, Alaska!

Wilkommen in Anchorage, Alaska!

Wir übernachten bei Bernice und Jim,Lowe, deren Töchtern Elise und Naomi (kurz Omi), mit ihren zwei Hunden Merlin und Ella, zwei Katzen, vier Hühnern und vielen Vogel-Waisen die sie per Hand aufziehen. Die Stimmung ist chaotisch und herzlich. Im Laufe des Abends kommt die halbe Nachbarschaft und jede Menge Freunde dazu.

Dinner with the Lowe Family in Anchorage

Abendessen bei den Lowes in Anchorage

Jeder schnappt sich einen Teller und als es keine Teller mehr gibt, werden eben Tassen genutzt. Manch einer bringt einen Snack mit, jeder bedient sich selbst am Kühlschrank, die Kinder spielen, es wird alles als Stuhl umfunktioniert, was stabil genug dafür scheint.

Hike up the Birds Ridge

Bernice nimmt Omi, Merlin, Ella und uns mit auf einen Ausflug zum Birds Ridge Wanderweg

Wir haben einen großartigen ersten Abend in Anchorage. Auch in den nächsten Tagen geht alles drunter und drüber. Elise beschlagnahmt jedes bisschen freien Platz auf dem Boden für das Basteln von Ketten, Merlin jagt seinen eigenen Schwanz, Omi und Nachbarskind Harper sammeln Würmer für die Vögel, Jim kauft vier Riesenpakete Saft für eine bevorstehende Reise ein, und Ella futtert heimlich die wenigen Eier, die die Hühner irgendwo unter der Veranda legen. Hier gibt es einen kompletten Artikel über die wunderbaren Lowes auf Englisch: Die Lowe Familie

volunteering on Parks Day in Anchorage

Wir alle helfen beim Park-Tag das Unkraut zu jäten und bekommen im Anschluss jede Menge Pizza.

Uns gefällt es wunderbar. Nach einigen Tagen ziehen wir weiter zu Kyle und Jen, die wir ebenfalls bei warmshowers.org angeschrieben haben. Die beiden grillen Lachs und laden auch ihre Freunde Brian und Amy ein, samt deren Radler-Gast DeBruyn aus Südafrika.

Brian, Kyle, Amy, Jen and DeBruyn in Anchorage, Alaska

DDeBruyn, Brian, Kyle, Amy und Jen (vlnr)

Am nächsten Tag helfen wir Kyle dabei, selbst gefangenen Lachs zu räuchern. Als er uns so beim filetieren zusieht, muss er laut lachen. „Da könnte man ja denken, ich hätte mir hier illegale ausländische Arbeiter angeschafft!“

Smoking Salmon in Anchorage

Keine Gräte mehr zu entdecken

Bald fahren die Lowes in Urlaub und können beim besten Willen niemanden finden, der Lust hat, sich um ihre Hühner zu kümmern. So kommt es dass wir eine knappe Woche auf Hund, Katzen, Hühner, Garten und Haus aufpassen.

Smoking Salmon in Alaska

Kyle und sein Räucherofen

Das ist uns sehr recht, denn wir haben ohnehin noch viel Arbeit am Blog, zu der wir in Neuseeland und Hawaii nie Zeit hatten. In dieser Woche zieht der Sommer nach Anchorage. Das Thermometer steigt auf über 27°C. Es ist heißer als in Los Angeles.

Bear Square in Downtown Anchorage

Bear Square im Stadtzentrum von Anchorage

Nachbar Steve nimmt uns mit auf eine kurze Wanderung in den Chugach State Park. Bei der Hitze wundern wir uns nicht schlecht, als wir in den Wiesen vor den Suicide Peaks intakte Schneefelder entdecken.

Steve and his girls hiking alongside the Suicide Peaks

Steve und seine Töchter

Die Haus-Sitting-Zeit vergeht wie im Flug. Wir verbringen die Tage und Abende vorm Laptop und radeln später abends in die Stadt. Dann treiben wir die Hühner zurück in ihre Häuser. Nur das eine versteckt sich immer.

Snow at 25°C in June!

Schnee bei 25°C im Juni!

Ein Mal suche ich es bestimmt eine halbe Stunde lang, bevor ich es von unterm Sonnenschirm gackern höre. Dort saß es die ganze Zeit und hat mir von oben beim Suchen zugesehen.

Hiking in Churgach National Park

Steve nimmt uns mit auf eine Wanderung im Chugach National Park

Ein Mal gehen wir Tanzen und staunen nicht schlecht, als wir beim Heimweg auf die Uhr sehen und merken, dass es fast 2 Uhr morgens ist. Richtig dunkel wird es hier im Sommer wohl nie.

 That's how a night out dancing looks like up in Alaska

Freilufttanzen um Mitternacht in Alaska

Es gibt einen tollen langen Radweg mitten durch den Wald entlang des Chester Flusses, bei dem man denken könnte, man sei weit weg von jeglicher Stadt. Und im nächsten Moment steht man fast schon im Zeltrum von Anchorage.

We're taking Ella for a little walk around the lake.

Ella freut sich, denn sie kennt den Weg zum See bestens.

Hier sehen wir auch unsere ersten beiden Elche. Der erste ist noch jung und hat sich direkt in unsere Nachbarschaft verirrt. Der zweite ist groß und stark und weidet am Rand des Radweges.

Yield for sled dogs

Hundeschlitten haben Vorfahrt! Das berühmte Iditarod Schlittenhundrennen hat das Ziel in Anchorage

Ich halte und warte ab bis er sich verzieht. Zum Glück haben wir gleich am zweiten Tag bei einem Bären- und Elch-Verhaltens-Workshop mitgemacht und wissen nun, wie wir uns zu verhalten haben.

A young and confused moose ran right past us in this family neighborhood.

Was macht denn der junge Elch im Wohnviertel?

Wir müssen wieder einmal die Räder auf Vordermann bringen, Kugellager austauschen, neue Ketten anlegen, Speichen anziehen und Gänge einstellen. Dann sind wir endlich startklar.

Pünktlich am längsten Tag des Jahres, dem 21.06. machen wir uns auf den Weg. Da es schon so spät ist und da weiter im Norden wegen der großen Hitze jede Menge Waldbrände ausgebrochen sind, sparen wir uns den Umweg über den Denali Highway und folgen einfach dem Glenn Highway nach Nordosten.

Bernice and Annika

Bernice und ich

Glenn Highway

Der Glenn Highway ist 528 km lang und teilt sich in drei Teile auf: den Glenn Highway von Anchorage bis Glennallen, den Richardson Highway auf schlappen 14 Meilen von Glennallen bis Gakona und den Tok Cutoff von Gakona bis nach Tok. Es ist teilweise hügelig und eintönig, in anderen Teilen aber absolut spektakulär. Was wir besonders genießen ist, dass es nicht allzu viel Verkehr gibt, sodass wir oft sogar den breiten Seitenstreifen rechts liegen lassen und nebeneinander auf der Fahrspur radeln können.

Spruce and mountains on the Glenn Highway

Dürre Fichten und Berge prögen das Bild des Glenn Highways

Es ist nach 15 Uhr als wir endlich startklar sind. In Neuseeland und Hawaii ginge nun schon fast die Sonne unter, aber hier haben wir noch bis um 23.45 Uhr Sonnenschein. Zunächst folgen wir dem Radweg aus der Stadt hinaus, denn hier gibt es viel Verkehr. Als dieser zu Ende ist, folgen wir dem Alten Glenn Highway. Der hat weniger Verkehr, macht aber auch einen fünf Meilen Umweg.

Midnight sun

Genau um Mitternacht. Da es zu diesig ist, um den Sonnenuntergang zu beobachten, gehen wir stattdessen einfach schlafen.

Wir radeln durch den Wald, vorbei an halb zerfallenen Häusern mit Gärten, die Schrottplätzen ähneln. „Betreten verboten!“ steht überall, und „Draußen bleiben!“. Dazu gibt es jede Menge Schilder auf denen „Posted“ steht. Erst Monate später finde ich heraus, dass dieses Schild dem Besitzer des Grundstücks das Recht gibt, jeden totzuschießen, der sein Grundstück betritt. Zum Glück sind wir nicht unwissend versehentlich in solch ein Grundstück hineingestolpert.

We had passed the famous Iditarod Sled Race post along the way. I really hope we can return some day in Winter so see the mushers and dogs!

Checkpunkt des Iditarod Schlittenhundrennens! Den nächsten Besuch in Alaska planen wir besser im späten Winter.

Die Straßenschilder sind voller Schusslöcher (doch das ändert sich in ganz Alaska und Nordkanada kaum). In jedem Wurzelwek im Wald sehe ich einen angriffslustigen Elch. In jedem breiten Baumstamm sieht Roberto einen Grizzly. Am Ende des Abends haben wir dennoch keinerlei echte wilde Tiere gesehen.

Eigentlich wollten wir bis um Mitternacht durchradeln, denn Mittsommer ist ja nur ein Mal im Jahr. Doch um 22 Uhr sind wir beide müde und sehr hungrig. Wir stellen unser Zelt hinter der Knik River Brücke auf, wo bereits ein paar andere Wohnwagen und ein Zelt stehen.

Lunch in Palmer. More and more people stopped, said hello and asked some questions. Joe chatted with us for quite a while. It's great to have so much nice company.

Mittagspause in Palmer.

Es ist diesig, also können wir die Sonne nicht untergehen sehen. Also setzen wir stattdessen unsere Stirnbänder auf die Augen und hauen uns aufs Ohr.

Obwohl einige Quadfahrer Lärm machen und irgendwer auf der anderen Flussseite schießt, schlafen wir bis 9.45 Uhr. Das ist wohl Camping-Langschlaf-Rekord.

Roberto is still in midnight-sun sleep training

Noch sind wir im Trainingsmodus was tiefen Schlaf unter der Mitternachtssonne angeht, aber bald schlafen wir auch ohne Augenklappen wie die Babies.

Auf Robertos Gepäckträger liegen zwei Stücke eingeschweißter Lachs zusammen mit einem Zettel vom Zeltnachbarn, der sich dafür entschuldigt, dass er gestern so unhöflich war und hofft, dass der Fisch das wieder gut mache. Wir grübeln und grübeln und können beim besten Wissen nicht verstehen, was er mit „unhöflich“ meinte. Wir fanden ihn sehr nett.

Cycling the relatively calm Old Glenn Highway

Radeln auf dem Alten Glenn Highway

Wir radeln die 15 Kilometer bis nach Palmer, wo wir den Lachs grillen und zu Mittag essen. Viele Leute halten an, fragen uns nach dem Woher und Wohin und wir verwickeln uns in allerlei interessante Gespräche mit den Einwohnern. Wieder ist es spät als wir die Stadt verlassen. Der Alte Glenn Highway endet hier, wir müssen nun auf dem „richtigen“ Glenn Highway weiter.

Cycling the Glenn Highway

Aussichtspunkte werden mit einem Schild mit einer Kamera drauf angezeigt. Wie man auf Blitzer hinweist, weiß ich nicht.

Aber das ist halb so wild, denn nach Palmer ist der Verkehr nicht mehr so stark und der Seitenstreifen ist meist breit und eben. Kurz radeln wir auf Schotter, ab und zu fehlt der Seitenstreifen, doch alles in allem ist die Straße in gutem Zustand.

Durch ein paar kleine Dörfer geht es, dann lässt der Verkehr nach Chickaloon noch einmal deutlich nach.

Glenn Highway by bike

Je steiler die Anstiege umso lohnenswerter waren die Aussichtspunkte.

Am King River sehen wir einige Zelter und Wohnwagen, doch es ist uns noch zu früh, daher radeln wir weiter bis zum Staatscampingplatz am King Mountain. Hier treffen wir auf Bill, einen Motorradfahrer auf drei Rädern (plus 2 Räder am Anhänger), dem wir den Tag über schon ein paar Mal begegnet sind. Er teilt seinen Zeltplatz mit uns, sodass wir nur $10 zahlen.

The Lowes!!!

Die Lowes!!! Roberto, Jim, Bernice, Omi, Summer, Elisa, Annika und die Hunde Merlin und Ella (vlnr)

Während wir uns so unterhalten, kommen drei Mädels um die Ecke. Ich grüße höflich und unterhalte mich weiter, und es dauert einen Moment bis ich mich völlig überrascht erneut umdrehe, denn die Mädels sind Elise, ihre Freundin Summer und Naomi! Hinter ihnen lassen Bernice und Jim gerade Hunde Ella und Merlin von der Leine.

Elise

Summer und Elise

Wir können es kaum glauben und grinsen über beide Ohren. Die Lowes sind volle 70 Meilen (gut 100 km) gefahren, nur um uns zu besuchen!

Im Gepäck haben sie leckere Pizza, Salat und Bier aus ihrem Urlaub in Homer.

Omis Regentanz

Omis und Merlins Regentanz

Wir sind alle völlig überdreht. Als Elise mit Lehm eine Kriegsbemalung in Omis Gesicht zaubert, und diese im Fluss einen wilden „Regentanz“ aufführt, kriegen wir uns vor Lachen nicht mehr ein. Die Hunde drehen halb durch und mehrere andere Camper, die sich dem Fluss nähren, drehen kopfschüttelnd wieder um und suchen sich lieber eine andere Stelle.

See you again soon sweet Omi!

Bis bald liebe Omi!

Erst als die Verwalterin uns um 21.30 Uhr zu Ruhe mahnt, fährt unser Besuch wieder ab. Wir können kaum glauben, dass „unsere“ Lowes den ganzen Weg hierher gefahren sind.

Camping under the King Mountain

Zelten unterm King Mountain

Die nächsten 20 Kilometer geht es erstmal ganz unverhofft bergauf. Die Sonne knallt ordentlich und der viele Löwenzahn, der sich in Pusteblumen verwandelt hat, sowie die Wollgras Blumen, füllen die Luft mit viel kleinem weißen Flausch. Es sieht aus wie Schnee, aber klebt an der verschwitzten Haut. Ich atme jede Menge Sommer-Schnee ein.

View to the Manatuska Glacier

Der Matanuska Gletscher

Jim und Bernice haben uns 3 Monate abgelaufene Kokosnussmilch da gelassen, die wir trotzdem trinken und die uns ordentlich Blähungen gibt. Besonders bergauf verpesten wir die Luft schlimmer als jeder LKW.

Alaskan Glacier

Ganz tiefes Eis mit Schnee drüber

Dann geht es lange bergab, bis zum Matanuska Gletscher. Hier halten wir und bewundern die Aussicht. Der Gletscher ist riesig und über viele Kilometer können wir ihn von allen möglichen Blickwinkeln betrachten.

Matanuska  Glacier View Point

Matanuska Glacier Aussichtspunkt

Glenn Highway by bicycle

Es geht höher und höher hinauf

For tens of Kilometers we had views onto the glacier

Mehrere Stunden lang können wir den Gletscher sehen!

Wir halten an einem Rastplatz und essen den selbstgeräucherten Lachs, den Kyle uns geschenkt hat. So lassen wir den Fischgeruch und den Müll am Rastplatz statt an unserem Zeltplatz. Nach dem Essen fällt das Radeln leichter.

Dinnertime with home-smoked salmon. Thanks Kyle!

Selbstgeräucherter Lachs zum Abendbrot!

Es ist bewölkt und wir sind froh, den Fischgeruch los zu sein. In einem Seitenweg schlagen wir das Zelt auf. Da es keine hohen Bäume gibt, in denen wir unser Essen aufhängen können, bunkern wir den Bärenkanister und die Essenstaschen gemeinsam mit allem was riecht (Zahnpasta, Shampoo, Mückenzeug etc) gut 50 Meter weiter in den Büschen.

Biking the Glenn Highway

Wir haben den Glenn Highway abends oft für uns allein.

 

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  1. Hallo Annika und Roberto, weiss nicht ob euch mein mail erreicht, probiere halt mal mein Glück.
    Verfolge euch so ab und zu und bin sprachlos über euere Berichte. Tausend Tote wäre ich schon gestorben bei Zeltnächten, Kälte und Regen. Könnt ihr euch überhaft vorstellen einmal sesshaft zu werden? Wünschen euch frohe Weihnachten und ein gesundes neues Jahr und weiterhin eine glückliche Reise. Viele liebe Grüsse aus Veitsbronn
    Edda Liebl u. Mann (Gartenhausübernachtung)

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