Das Festmahl

Our weird food cravings made us have this food as a dinner

Unsere Essensgelüste trieben uns in das wohl ungesündeste Abendessen

Land: Kambodscha und Thailand
Von Siem Reap nach Aranyaprathet
Draus gelernt: In Kambodscha ist Briefmarken-Ableck-Trinkgeld im Porto mit eingerechnet
Drüber gelacht: Das als Restaurant verkleidete Bordell
Schönstens kleines Wunder: Ein Pool zum baden
Gegessen: Kiloweise ungesunden Kram
Größte Herausforderung: Unterstand für die Unwetter finden
Geradelte Tage: 3
Geradelte Kilometer: 171,98
Insgesamt bis Aranyaprathet geradelte Kilometer: 11407,40
Reisetage von Bremen bis Aranyaprathet: 656

Mit dem Rad nach Thailand, Juli 2013

Tatsächlich – der Regen hält an. Vorbei sind die Tage mit staubgelben Augenbrauen und Sandgeschmack im Mund. Nach 11 Nächten in Siem Reap fühlt sich Roberto noch immer etwas schwach. Leider sind unsere Visatage gezählt und wir müssen uns auf den Weg in Richtung Thailand machen. Zur Sicherheit plane ich drei Reisetage von je gut 50 Kilometern ein. Auf dem Weg will ich noch ein paar Postkarten an die Familie abschicken.

The lovely team in he Sam So guesthouse

Das wunderbare Team vom Sam So Guesthouse in Siem Reap

Einen US-Dollar (4000 Riel) will die Frau für jede Briefmarke, dabei steht auf den Marken ganz deutlich der Preis von 2800 Riel. Ob es denn auch billigere gäbe, frage ich verdutzt. Die billigsten für Europa die sie hätte kosten 3000 Riel, aber die seien nicht so schön, meint sie mürrisch nachdem sie meine Frage zwei Mal ignoriert. Da berechnet sie sich wohl selbst ein ordentliches Trinkgeld fürs Briefmarken lecken und kleben. Sogar in der Post wird man beschissen. Mir reicht es langsam mit den Touristenpreisen. Ich bin hochmotoviert, malaysisch zu lernen, damit mir sowas in Malaysia und Indonesien nicht passiert und packe die Postkarten beleidigt wieder ein. In drei Tagen sind wir in Thailand, da haben wir mit der Post bessere Erfahrungen gemacht.

Die Straße beginnt vielversprechend mit einer eigenen Fahrspur für Mofa- und Fahrradfahrer. Nach ein paar Kilometern ist allerdings Schluss und wir quetschen uns zu den anderen Verrückten auf die Straße. Nach 23 Kilometern ist es bewölkt, zwei Minuten später kommt starker Gegenwind auf und gleich darauf prasselt ein Platzregen auf uns herab, der an den Weltuntergang denken lässt. Die Böen reißen mir fast den Lenker aus der Hand und der Wind schießt die Tropfen auf die Haut wie Pistolenkugeln.

This time we found shelter. This poor guy hasn't.

Diesmal schaffen wir es gerade rechtzeitig unter ein Dach. Dieser arme Kerl hatte nicht so viel Glück

Weit und breit sehe ich nichts als überschwemmte Felder. Die Straße soll verbessert werden und alle paar Meter wurde eine ganze Fahrspur herausgerissen. Die rechteckigen langen Löcher gleichen Schwimmbädern und sind im Regen kaum zu erkennen, da die ganze Straße überschwemmt ist. Nach ein paar Minuten entdecke ich ein Privathaus und wir suchen Unterschlupf. Als der Regen etwas abschwächt radeln wir weiter. 35 Kilometer machen wir Nonstop, dann entdecken wir ein Gasthaus. Die Besitzerin scheint nicht sonderlich Lust zu haben uns zu beherbergen. Sie fragt immer wieder die gleichen Fragen auf Khmer und blickt uns ganz entgeistert an, als wir ihr mit Händen und Füßen klarzumachen versuchen, dass wir ihre Sprache nicht verstehen. Dann ignoriert sie uns eine Weile. Schlussendlich schaffen wir es, ihr ein leicht überteuertes Zimmer abzuquatschen. Roberto braucht Ruhe.

Am nächsten Tag beginnt der tägliche Schauer schon mittags. Klitschnass entdecken wir eine halb zerfallene Wellblechhütte irgendwo neben einer Brücke und steuern darauf zu. Der Wind ist so stark, dass der Regen exakt von der Seite kommt und die Blitze sind kaum einen Kilometer entfernt. Die winzige leer stehende Hütte teilen wir uns mit fünf Jugendlichen und einer kleinen Schlange.

Wet got soaked to the skin every day

Jeden Tag werden wir mindestens ein Mal bis auf die Haut durchgeregnet

Als der Regen nur noch im 45° Winkel auf die Erde prescht, greifen wir uns die Räder. Nichts wie weiter. Am Stadteingang von Sisophon nimmt der Sturm wieder zu. Am Straßenrand leuchtet eine auf Khmer geschriebene Bierreklame. Wir folgen dem Schild bis zum Restaurant, wo wir uns unterstellen wollen. Neben dem überraschend großen Gebäude verkauft eine Familie Cola und Fanta unter einem Dach auf dem Parkplatz. Der älteste Mann leiht uns Handtücher und Plastikstühle und wir sind ihm sehr dankbar. Seine Tochter spielt mit ihrer Tochter, seine Frau spült ab und sein Sohn zündet sich eine Zigarette an. Ich setze mich zu ihnen und werfe einen zweiten Blick auf das seltsame Restaurant auf der anderen Seite des Parkplatzes. Laute Musik schallt aus den Fenstern und junge Frauen laufen betrunkenen Männern hinterher. Erst als einer der Männer mich anspricht dämmert mir, dass wir neben einem Bordell gelandet sind. Der Sohn des alten Mannes erklärt uns, dass wir beim „Stopp“ (Kreuzung? Ampel? Stoppschild? Kontrolle?) ein Gasthaus finden. Weit kann es nicht mehr sein.

Wir finden das Gasthaus schnell. Ganz in der Nähe gibt es ein Restaurant in dem man rohes Fleisch selbst grillen und aus der Brühe Suppe machen kann. Genau sowas brauche ich jetzt. Wir stopfen uns voll, duschen uns kalt ab und schlüpfen dann schnell unter die Bettdecke. Dass mir in Kambodscha mal kalt sein könnte, hätte ich nicht erwartet.

Khmer Barbeque

Grillen auf Khmer Art

Am nächsten Tag ist es heiß und sonnig. Wir jammern über die Hitze. Uns kann man es wohl wirklich nicht recht machen. 48 langweilige Kilometer lang gebe ich Roberto eine detaillierte Nacherzählung er letzten beiden Bücher die ich gelesen habe zum Besten, dann erreichen wir die Grenzstadt Poipet. Die Straße wird breiter und – kaum fassbar dass das möglich ist – noch staubiger. Dazu Abgase, Müll und die ewige Huperei. Wir trinken eine letzte kalte Ovaltine, kaufen Brennspiritus und machen uns auf den Weg zur Grenze.

Die Beamten nehmen es genau mit uns, alles Gepäck muss durch den Scanner. Das letzte Mal mussten wir unsere Taschen überprüfen lassen, als wir in China mit dem Zug fuhren. Fingerabdrücke hier, Stempel da, Formular dort, dann noch ein Foto und schon ist es geschafft. Fast hätten wir vergessen, dass es nun auf der linken Straßenseite weiter geht.

Swimming pool of the Market Motel

Morgens hatten wir den Pool oft ganz für uns. ich hätte Tag und Nacht drin bleiben können. 

Kaum radeln wir auf Thailändischem Boden, regnet es wieder. Die Straße ist mehrspurig, es gibt einen breiten Seitenstreifen und viele Schilder. Die Wegbeschreibung zum Market Motel passt genau, wir buchen zwei Nächte für je 7 € in einem Motel mit Pool (Market Motel, 105/30-32 Raduthit Road). Ich schwelge im Glück, Regen hin oder her. Wir ziehen ein, winden uns aus den nassen Klamotten, genießen die erste warme Dusche in fast zwei Monaten und laufen sofort los um für unsere Fressorgie einzukaufen. Tagelang haben wir sabbernd unser erstes Essen in Thailand geplant. Nun ist es so weit. Zum Abendbrot gibt es: Straßensushi, Chips mit Algengeschmack, Schokoladendonuts mit Schokoladenfüllung, Multifrucht-Fanta, Kokosnusspoffertjes, Kekse aller Art und Anisbonbons. Wir essen alles durcheinander. Auf dem Markt und in den Geschäften muss ich schmunzeln. Ich denke an die Touristenstraße Khao San Road in Bangkok zurück. Die Art, Touristenramsch an den Mann zu bringen ist so unterschiedlich in den verschiedenen südostasiatischen Ländern.

Only ten minutes later we both had guilty expressions in our faces and bellies round as footballs. But it was worth it.

Voller Vorfreude. Zehn Minuten später würden wir mit kugelrunden Bäuchen und einem schlechten Gewissen die letzten Krümel vom Tisch fegen. 

Kambodscha: „Schau! Ein Tourist! Er will bestimmt etwas kaufen. Ich werde ihn höflich aber bestimmt ansprechen und ihm bei seinem Einkauf helfen. Was, er will keinen Fächer haben? Das kann doch gar nicht sein. Ich versuche es noch einmal. Warum seufzt er denn jetzt so laut? Ist morgen vielleicht besser? Gut, ich frage ihn morgen noch einmal. Dann aber etwas bestimmter.“

Laos: „Keiner da? Wunderbar. Wurde auch Zeit. Dann kann ich mich jetzt ja endlich schlafen legen. Und wenn jemand kommt, dann wird er mich schon finden. Und wenn er auch noch etwas kaufen will, dann kann er mich ja aufwecken.“

Thailand: „Klasse, ein Tourist! Auch bekannt als wandelnder Geldautomat. Ich verdreifache den Preis, lasse zu, dass er mich auf die Hälfte herunterhandelt und sehe mir dann das triumphierende Grinsen in seinem Gesicht an wenn er denkt, er habe das Geschäft des Tages gemacht. Was, er will nicht kaufen? Er braucht keinen Fächer? Nein, das ist ausgeschlossen, es muss am Preis liegen. Ich muss ihm mehr Rabatt geben, damit er einsieht, dass er diesen Fächer wirklich dringend braucht. “

Diese Beispiele sind natürlich hoch überzogen und stimmen mit der Realität nur sehr bedingt überein. Besonders gilt das für Laos, wo wir schlafende Verkäufer eher in Restaurants und Tante-Emma-Läden wecken mussten, nie jedoch an Touristenständen. Doch wer selbst schon einmal in diesen Ländern war, wird das Fünkchen Wahrheit erkennen.

 

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