Mit dem Rad durch Neuseeland Teil 6: Wettblöken mit einheimischen Schafen

New Zealand Rocks by Bike

Mit dem Rad entlang der Westküste Neuseelands

Mit dem Rad durch Neuseeland Teil 6: Wettblöken mit heimischen Schafen

Land: Neuseeland

Von Greymouth bis Motueka

Draus gelernt: Das Wespenterritorium ist auch ohne Visum einfach zu durchqueren

Drüber gelacht: Die vier nackten tanzenden Männer

Schönstes kleines Wunder: Äpfel – überall Äpfel!

Größte Herausforderung: An der Westküste Dinge trocken zu behalten

Geradelte Tage: 5

Geradelte Kilometer: 337,91

Durchschnittliche Kilometer pro Tag: 67,58

Insgesamt bis Motueka geradelte Kilometer: 18.465

Meeting Ruth

Ruth hält sofort an, als sie uns sieht.

Mit dem Rad durch Neuseeland Teil 6: Von Greymouth nach Motueka

Greymouth ist mit knapp 10.000 Einwohnern die erste richtige Stadt seit langem, zumindest für Südinsel-Verhältnisse. Wir kaufen mehr Essen und eine Warnweste, die wir um Robertos Rucksack wickeln. So sind wir beide auch bei Niesel, Nebel und im Schatten gut sichtbar.

Penguin Country West Coast New Zealand

Pinguine! Wir wissen dass ihr da seid, also kommt raus!

Es ist mittlerweile schon ziemlich kalt geworden und wir starten in Handschuhen und Jacke. Der Regenwald wird immer lichter und wir radeln an langen Sandstränden vorbei, die Heimat von Pinguinen sind. Wir sehen leider keine. Das Meer ist aufgewühlt und die hohen, schaumigen Wellen brechen sich an den schroffen Felsen. Es riecht nach Salz und Feuchtigkeit. Neben den Farnpalmen gibt es nun auch „richtige“ Palmen und viele hohe Bäume die vom Wind ganz schräg wachsen. Dazwischen Schafe und ab und zu Lamas und Alpacas. Eine schroffe Landschaft, die mich unbekannterweise an Irland erinnert. Nur eben mit Palmen.

Silvia, Justin and Ruth

Silvia, Justin und Ruth

Wir rollen so dahin, als wir eine andere Radlerin sehen. Wie so oft halten wir und wechseln die Straßenseite. Ruth ist allein unterwegs und wir verstehen uns sofort blendend. Sie ist schon durch Alaska geradelt und gibt uns jede Menge Tipps. Ruth ist sehr Bescheiden und sagt dass sie hofft, weiter im Süden nicht durch den Schnee radeln zu müssen, der mittlerweile gefallen ist. Erst später erfahren wir, dass sie auch schon Expeditionen zu beiden Polen mitgemacht hat.

Beautiful beaches on the West Coast of New Zealand

Lange Snadstrände gibt es. Mit Baden ist leider nichts. 

Während wir also am Straßenrand stehen und quatschen, kommt ein Auto angefahren und drin sitzt ein Paar das über beide Ohren grinst. „Meine Freunde“, freut sich Ruth, und stellt uns sofort Justin und Silvia vor. Die beiden wohnen in der Nähe von Westport und laden uns prompt ein, die folgende Nacht bei ihnen zu verbringen.

Annika writes a message

Ich hinterlasse Kendall und Larissa eine Nachricht

Lange können wir nicht pausieren, denn Ruth will weiter nach Greymouth und wir wollen nach Punakaiki zu den Pfannkuchenfelsen und Blaslöchern. In weniger als zwei Stunden ist Flut, dann sind die Blaslöcher am eindrucksvollsten.

Unterwegs halten wir bei einer Messermacherin, bei der die Pferde von Kendall und Larissa übernachten. Die beiden sind bereits seit 2012 unterwegs zu Pferde durch Neuseeland. Die ganze Radlergemeinschaft redet von nichts anderem. Leider übernachten die beiden heute nicht bei ihren Pferden, sondern bei ihrer Schwester knapp 10 Kilometer hinter uns, also können wir sie leider nicht treffen.

Pancake Rocks with Blowholes

Pancake Rocks mit Blaslöchern

Angekommen bei den Pancake Rocks (Pfannkuchenfelsen) treffen wir auf eine Touristengruppe aus Chengdu, China und deren Reiseführer und Fahrer. Er spricht kein Wort chinesisch, niemand in der Gruppe spricht auch nur ein Wort Englisch, doch wir verstehen uns blendend und fühlen uns direkt zurück nach China versetzt.

Our Cheng Du People

Reisegruppe aus Chengdu

Die Flut hält, was sie verspricht. Aus den Blaslöchern kommen große Wasserfontänen und jede Menge Gischt und Dampf. Die Pfannkuchenfelsen heißen übrigens so, weil sie aussehen, wie viele übereinander gestapelte Pfannkuchen auf mehreren Haufen. Es ist ein absolut eindrucksvolles Spektakel. Doch es dämmert schon und uns beiden frieren trotz Mütze und Handschuhen langsam Hände und Füße ab, also machen wir uns auf, die letzten zwei Kilometer bis ins Dorf.

Beautiful Pancake Rock Scenery

Eiskalt aber wunderschön

Bikes Parked at the Pancake Rocks

Wir parken einfach direkt von den Blaslöchern. 

Stolze $17 pro Nase zahlen wir fürs Zelten. Dafür gibt es eine Küche mit Kamin. Wir essen Semmelknödel, die ich seit meinem Geburtstag (Geschenk von meiner lieben Arbeitskollegin Emily) für einen besonderen Moment aufhebe. Als sich die Küche später immer weiter leert, schleppen wir heimlich das klatschnasse Zelt an und hängen es neben den Kamin. Die feuchten Schlafsäcke kommen gleich daneben. Es ist nicht leicht, sein Hab und Gut an der Westküste trocken zu behalten.

Pancake Rocks in Punakaiki

Also mir machen die Felsen ganz schön Appetit auf Pfannkuchen

Roberto enjoying German dumplings - yummi!

Stattdessen gibt’s Semmelknödel ohne alles. Für uns ein absolut besonderes Festmahl

Als wir mit Handtüchern, Wäscheklammern und der letzten Wärme des kleinen Feuers irgendwann mit unserem Ergebnis zufrieden sind, fallen wir kurz darauf erschöpft in die trockenen Federn.

Am nächsten Tag können wir die Sonne sehen! Der zweite Westküstentag mit blauem Himmel! Trotzdem brechen wir erst spät auf, denn heute wollen wir das Zelt trocken haben bevor wir es einpacken. Der Weg bis zur Westport Kreuzung ist nicht weit und wir genießen die Blicke auf die langen wilden Strände, über buschige Wälder und Felder. Der Sonnenschein bringt gute Laune und ich singe laut und blöke mit den Schafen um die Wette. Ich gewinne.

My Bike Resting Near the Beac

Fotopause am Strand

Walking with Sunshine

Strandspaziergang

Annika

Annika

Silvia und Justin erwarten uns mit Saft und einem leckeren chilenischen Abendessen (Silvia ist in Chile aufgewachsen) und erzählen uns davon wie sie sich kennen gelernt und geheiratet haben. Justin hat viele Jahre im Busch verbracht, in einer einsamen Ferienwohnung weiter nördlich und in einer DOC Hütte am St James Wanderweg. Silvia, die in Westport wohnte, hat er über die Kirche kennen gelernt. Die beiden geben uns jede Menge Tipps für eine zufriedene Ehe. Ihnen gefällt es gar nicht, dass wir nach 5 ½ Jahren noch immer nicht verheiratet sind. Am liebsten will Justin jetzt hier und gleich einen Antrag sehen (das schlägt er an diesem Abend auch gleich mehrfach vor). Wir versprechen, sie auf dem Laufenden zu halten. Die beiden spielen die Gitarre und wir singen.  und fühlen uns pudelwohl.

Just the Two of Us

Nur wir beiden

Nach einem leckeren Frühstück packt Silvia uns sogar noch Essenspakete für unterwegs, denn wir würden bald das Wespenterritorium erreichen, wo es nicht ratsam ist, erst noch lange Brote zu schmieren.

Nic the Light Tourer

Nic radelt so leicht wie nur möglich. 

Die Westküste liegt hinter uns. Nun folgen wir dem Buller Fluss. Langsam windet der Weg sich bergauf, doch die Anstiege sind nicht weiter tragisch. Unterwegs treffen wir auf zwei weitere Radler aus Kanada (Christine) und Schottland (Nic). Genau rechtzeitig zur Mittagspause.

Annika, Roberto, Christine and Nic

Annika, Roberto, Christine und Nic

Arriving with Justin and Silvia

Vor Justins und Silvias Haus

While The Guitar Gently Sings

Gitarrenklänge

Justin and Silvia

Silvia und Justin 

Wir vergleichen Spiegel, Ständer, Parksysteme und Gepäckplanung, Roberto und ich essen ganz schnell unsere fertigen Brote und trinken Saft. Als die Wespen die Fährte aufgenommen haben, sind nur noch ein paar Krümel übrig.

Fat People Scultpture

Die vier nackten tanzenden Männer

Der Weg windet sich immer weiter dahin, mal bergauf, mal bergab, immer am Buller entlang. An Hausnummer 555 soll es ein Feld geben, auf dem Radler gratis zelten dürfen, doch die 555 will partout nicht auftauchen. „Hinter den vier nackten tanzenden Männern“ sagte eine Frau unterwegs. Und voila – fünf Minuten nach Sonnenuntergang erreichen wir besagte Statue.

Berlins in New Zealand

Berlins! Berlins! Wir radeln durch Berlins!

Eine Hausnummer steht nicht an der Einfahrt, doch das hindert uns nicht. Wir radeln zum Haus. Der Garten ist voller Spielzeug, Gänse laufen auf der Veranda herum, ich stolpere fast über ein Spielzelt. Wir klopfen. Es öffnet eine Frau Mitte dreißig namens Amy, die uns nicht nur gerne in ihren Feldern zelten lässt, sie bietet uns gleich darauf auch noch an, im Sleepout zu übernachten! Ein Sleepout ist eine Art zweites Gebäude in der Nähe des Hauses, das über Möbel und manchmal auch Strom verfügt. Unseres hat ein Bett und wir schlafen ganz wunderbar.

Farm where we slept.

Das Farmhaus

Nice Family Letting Sleep in their Hut

Amy und zwei ihrer Kinder. 

Sleep Out Time!

Im Sleepout schlafen wir trocken und gemütlich

Amy, die hier mit ihren drei jüngsten Kindern wohnt, erklärt uns, dass die Statue in Neuseeland ziemlich berühmt ist. Südlich von hier ist die Population so gering, dass die Leute innerhalb ihrer eigenen Familien heiraten. Das ist natürlich nicht wahr, doch der Scherz hält sich hartnäckig.

Mark and Ken

Mark und King

Am nächsten Morgen wache ich bei Sonnenaufgang auf, sehe dass wir inmitten einer Nieselwolke stecken, drehe mich um und schlafe noch eine Stunde weiter. Als wir um 8 Uhr aufstehen, ist der Niesel vorbei, doch die Wolke bleibt. Sogar mit Handschuhen, Jacke und Mütze friere ich die ersten 14 Kilometer bis ins Dorf Murchison, wo wir erstmal Pommes frühstücken. Es ist schon komisch nach welchen Kalorienbomben der Körper manchmal schreit.

Art in the Café in Murchison.

Tolles Gemälde im Café in Murchison

Nach einem Spaziergang durchs Dorf hat sich auch die Wolke verdrückt und wir schälen uns aus unseren Klamottenschichten. Gerade als wir weiter wollen, treffen wir auf ein weiteres Radlerpaar. King kommt aus Malaysia und Mark aus den USA. Gemeinsam haben die beiden lange in Hong Kong gewohnt und nun reisen sie mit dem Rad durch Neuseeland. Wir verstehen uns auf Anhieb gut und merken mal wieder, wie viele Radlerbekanntschaften wir gemeinsam haben. Hier ist einfach viel Radlerverkehr und fast jeden Tag treffen wir auf andere Reiseradler.

Heading North

Richtung Nordost

Es bleibt hügelig, doch das ist schon in Ordnung. Wir haben uns ja mittlerweile wieder daran gewöhnt. Als wir zu der Abkürzung gelangen, die ich in der Karte entdeckt habe, folgt sogleich ein Schild. „Lange, enge, steile Schotterstraße“. Kommando zurück, dann fahren wir lieber ein paar Kilometer weiter auf der Hauptstraße. So schlimm ist der Verkehr dann auch wieder nicht.

Don't count sheep while driving - seen in New Zealand

So viele Schafe überall? Wie viele genau will ich aber lieber nicht wissen. 

Den Hope Sattel müssen wir noch hinauf (Zentrales Wespengebiet, doch wir kommen heile durch). Als wir völlig verschwitzt am Aussichtspunkt ankommen steht die Sonne schon tief. Schnell weiter. Wir verbringen die Nacht im Zelt auf einem Rastplatz mit Wiese und radeln wieder früh mit Mütze und Handschuhen los, nur um kurz darauf im T-Shirt weiterzufahren. Die Palmen sind nun endgültig vorbei, dafür kommen zunächst unzählige Schafswiesen, dann Kuhweiden, wieder Schafe, und schließlich Obstplantagen.

Annika on her Bike

Annika auf dem Rad

Nice View

Guter Ausblick vom Hope Sattel

Beim ersten Apfelstand halte ich. $2 kostet eine große Tüte und ich greife zu. Die ersten fünf Äpfel verschlinge ich radelnd. Nur gut dass es keine Schlaglöcher gibt. In den folgenden Stunden radeln wir immer weiter bergab. Vom Hope Sattel auf über 700 Metern bis nach Motueka am Meer. Immer mehr Apfelbäume wachsen um uns herum, an den Ständen werden neben Äpfeln und Birnen auch Nashis (Mischung aus Apfel und Birne) verkauft. Ab und zu radeln wir auch durch Weinfelder, doch Traubenstände gibt es kaum. Dafür viele lokale Weine. Das Wetter ist wunderbar, kein Wunder dass die meisten meiner Freunde aus Christchurch hier ihren Urlaub verbringen.

Apples on the Road

Lecker Äpfel! Nein, ich plane nicht, einfach schnell wegzurennen, sondern werfe brav meine $2 in die Dose. 

In Motueka übernachten wir bei Ken, dem Stiefvater der Exfrau unseres Christchurch-Mitbewohners Alan. Ken ist 72 und wohnt alleine. Fast jeden Tag radelt oder wandert er durch die Wattenmeer Radwege um fit zu bleiben. Er kocht uns Wild mit gedünstetem Gemüse und Kartoffeln und wir unterhalten uns gut.

Roberto and Ken

Ken kennt die Gegend wie seine Westentasche. 

Motueka Beach

Strand von Motueka

 

 

 

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