Mexikos Karibikstrände mit dem Fahrrad entdecken
Land: Mexiko
Von Bacalar bis Cancún
Draus gelernt: Für Affen und Jaguare muss ich wohl tiefer in den Dschungel gehen.
Schönstes kleines Wunder: Türkise Karibikstrände
Gesichtete Tiere: Zikaden, Schmetterlinge, ein Babykrokodil, Schlangen, bunte Vögel, Leguane, Libellen, Salamander, Geckos, Mücken, Pelikane, Vogelspinnen, Möwen.
Geradelte Tage: 5
Geradelte Kilometer: 374
Durchschnittliche Kilometer pro Tag: 74,8
Insgesamt geradelte Kilometer: 30.284
Letzten Blog verpasst? Hier kommt er: Von Mayaruinen und Urwald – Yucatán mit dem Fahrrad
Blog in English: Discovering the Mexican Caribbean by bicycle
Mexikos Karibikstrände mit dem Fahrrad entdecken
Wir sind völlig hin und weg von Bacalar. Immer wieder wurden wir gefragt, wo es uns denn in den letzten fünf Jahren am besten gefallen habe. Das können wir noch immer nicht beantworten. Doch auf die Frage „Wo könntet ihr euch vorstellen, euch niederzulassen?“ gibt es nun eine Antwort.
Bacalar hat eine Lagune die aussieht wie die Karibik. Es gibt viele Mayaruinen in der Umgebung, die Hauptstraßen sind breit zum Radeln und wir sind umgeben von Regenwald. Das Klima ist ganzjährig warm bis heiß und feucht, aber dennoch angenehm (abgesehen vom Risiko der Hurrikans). Es gibt weder Staus noch Parkplatzprobleme, nicht einmal Ampeln.
Man spricht spanisch, aber wir könnten auch Maya lernen. Es sind nur 40 Kilometer bis nach Chetumal. Die Hauptstadt des Bundestaats verfügt über allerlei Läden, Theater, Kinos, Krankenhäuser, Bars und Karibikstrände. In Bacalar hingegen ist es sehr ruhig. Nur 35 Kilometer sind es ins Nachbarland Belize.
In Chetumal gibt es internationale und nationale Flüge und ab Cancún (keine 400 Kilometer) gibt es sogar günstige Direktflüge nach Deutschland. Gen Norden liegen unzählige Vergnügungsparks und Naturparks und da das Dorf ein „Pueblo Mágico“ ist, ist Tourismus schon vorprogrammiert, was es für uns einfach machen würde, Arbeit zu finden. Hurrikans, Hitze und mückenübertragene Krankheiten sind drei Minuspunkte, aber damit könnten wir leben.
Man kann sich also vorstellen, dass es uns nicht leicht fällt, Bacalar nach wenigen Tagen schon wieder zu verlassen. Doch der Flug ist seit Frühjahr gebucht und wir wollen uns lieber fünf Tage Zeit für den Weg lassen.
Wir verlassen Bacalar im Morgengrauen und halten mit grummelnden Mägen im ersten Dorf. Hier treffen wir auf die vierte Fahrradtouristin: Bea aus Argentinien.
Sie ist erst wenige Tage unterwegs und testet noch ob ihr das Reiseradeln überhaupt gefallt. Wenn ja, dann will sie nach Hause radeln. Wenn nein, fragen wir gar nicht erst. Wir sind sicher dass das genau ihr Ding ist.
Bea radelt mit selbstgemachten Radtaschen. Benutzt hat sie dafür Eimer (ähnlich wie Farbeimer, aber original für Katzenstreu). So dienen ihre wasserdichten Radtaschen nebenher auch als Sitzplätze.
Als wir fertiggequatscht haben, hat uns die Hitze bereits eingeholt. Also schnell weiter.
Im nächsten Dorf halten wir wieder. Die Orte liegen hier unten recht weit voneinander entfernt. Die Ananasstände reihen sich die ganze Hauptstraße entlang, daher Pedro Antonio Santos ist auch als „Das Ananasdorf“ bekannt. Wir halten und greifen zu.
Maria, die Besitzerin des Standes, gehört zu einer der ersten Familien die in der Gegend Ananas angebaut hat. Neben einigen Details zum Ananasanbau erklärt sie uns auch wie die Arbeit an einem von vielen identischen Straßenständen abläuft.

Heute erreichen wir die 30.000 geradelten Kilometer. Leider vergessen wir dieses Detail und bemerken es erst bei 30.007.
Meine Theorie war, dass die ersten paar und die letzten paar Stände besonders viel verkaufen, doch sie sieht das anders. „Es kommt auf die Präsentation an, sowohl von deinen Produkten, als auch von dir selbst. Wenn ich nur auf meinem Stuhl hocke und grimmig drein gucke, dann hält natürlich niemand. Wenn ich allerdings lächle, winke, meinen Stand sauber und farbenfroh halte und immer präsent bin, dann halten gleich viel mehr Leute“. Macht Sinn. Bei uns hat es ja auch funktioniert.
Gut erfrischt geht es weiter. Links und rechts sind ein paar Meter Gras und Büsche, dann ragt der Urwald auf. Es ist wie die berühmte „grüne Wand“, man sieht die ersten paar Bäume, aber von innen rein gar nichts.
Nur zwei Mal entdecken wir ein Stück Wald, in dem die äußersten Bäume gerade gerodet wurden. Oben sehen wir grüne Baumkronen, dann nur noch braun, grau und schwarz der Stämme und Äste. Im Wald ist es stockfinster, der Waldboden ist überraschend leer, denn ohne Sonnenlicht wächst hier nichts.
Ich halte weiter nach Jaguaren und Affen Ausschau. Stattdessen sehe ich viele kunterbunte Vögel in allen Größen und Formen, einige Leguane, ein paar Vogelspinnen und viele Schmetterlinge.
Verkehr gibt es kaum und es bleibt weiterhin recht flach. Wir kommen gut voran und schießen an unserem geplanten Übernachtungsort am Nachmittag einfach vorbei. In der nächsten Stadt bleiben wir dennoch, denn danach kommt nichts mehr. Und wir wir nun gelernt haben, gibt es im Wald keinen Platz für ein Zelt. Da passt ohne Machete ja nicht einmal ein Mensch mit Fahrrad rein.
Am nächsten Tag ziehen sich die Distanzen noch viel weiter hin. Fast schon wie in der Baja. In einem kleinen Dorf treffen wir auf Carlos. Er steht am „Tope“ (Bremshubbel) und bietet seine Waren an. Mais ist dabei, frisches Obst im mundgerechten Häppchen (natürlich mit Chili, Salz und Limette), und auch Aguas de Sabor.
Im Inneren der Halbinsel haben wir noch 10 Pesos für einen Liter gezahlt, hier steigen die Preise auf 15 für einen halben Liter. Das ist immerhin das Dreifache. Doch Carlos zahlt hier auch für alles mehr Geld als im Inneren der Halbinsel, das kommt schon hin. Er muss ja auch über die Runden kommen. Einen kleinen Touristenaufpreis zahlen wir generell ohne zu meckern, nur wenn die Preise sich urplötzlich verfünffachen, ziehen wir lieber weiter.
Jeden Morgen steht Carlos früh auf und bereitet Kokoswasser, Agua de Jamaica (Hibiskuseistee), Drachenfruchtwasser, Limettenwasser und Ananaswasser vor. Dann karrt er seinen Wagen samt Kühlbox zum Tope und bietet dort laut seine Ware feil. Übrig blieb bisher noch nie was, oft macht er schon am frühen Nachmittag Feierabend. Nur ein paar Mal musste er bis spät bleiben.
Wie aus dem Nichts taucht im nächsten Dorf eine Mayaruine auf. Da gibt es keine Absperrung, keinen Eintrittspreis und keine Schilder, hier kann man das Ganze hautnah und gratis erleben und wir können sogar unsere Räder an der kleinen Pyramide anlehnen. Ein kleiner Junge erzählt uns, wie sein Opa die Ruine gefunden haben soll, daher sei das Gelände nun in seinem Familienbesitz.
Mit seiner Familie bauen sie gerade eine Palapa daneben, in der sie handgemachte Souvenirs sowie Erfrischendes verkaufen wollen. Ob hier auch schonmal jemand gezeltet habe, wollen wir wissen. „Na klar, ein paar Gringos, denen haben wir 100 Pesos pro Nase abkassiert!“, grinst er. Ob Mexikaner denn auch so viel zahlen müssten? „Nö, die dürfen umsonst bleiben!“.
Ich gucke etwas sparsam aus der Wäsche und erinnere mich an einen Zoobesuch zu Studentenzeiten. Damals gab es zum Glück nur eine kurze Diskussion ob ich nun den extra niedrigen Studentenpreis (10 Pesos), den normalen Preis (20 Pesos) oder den extra hohen Ausländerpreis (60 Pesos) zahlen solle. Fand das ziemlich unfair, aber hier in Mexiko läuft vieles eben so.
Selbst Roberto bekommt in touristischen Gegenden den Dollarpreis für alles gesagt und unsere Freundin Alicia muss immer wieder auf Diskussionen eingehen dass es tatsächlich möglich ist, eine waschechte Mexikanerin und zugleich blond zu sein.
Wir radeln weiter und erreichen gerade mit den ersten dicken Regentropfen das einzige Gebäude weit und breit. Hier gibt es Brathühnchen! Wir teilen uns ein Halbes. Im Garten laufen bestimmt sechzig Hühner umher und ärgern die Hunde. Die Besitzerin erklärt uns dass sie alle paar Tage zehn bis zwanzig Hühner schlachtet.
Ich erschrecke kurz, aber denke, wenn wir weiter Fleisch essen wollen, dann darf es uns nicht abschrecken, den Kumpel von den Hühnern im Hof auf dem Teller zu haben, statt eines neutral geformten Stückes Fleisch von einem anonymen Tier. Immerhin können die Hühner hier den ganzen Tag frei herumlaufen, Hunde ärgern, picken und scharren.
Wir halten noch kurz bei den Ruinen von Muyil, dann radeln wir die letzten Kilometer nach Tulum. Hier erreichen wir endlich die Karibik und heute wollen wir am Strand zelten! In der Stadt kaufen wir einen Sixpack Bier und kaum steht das Zelt machen wir uns auch schon auf zum Meer. Wir bereiten gerade die Picknickdecke aus, da kommt eine junge Familie schnurstracks auf uns zu.
Ich bin einen Moment verwundert. „Robertooooo!“ ruft es. Ich bin noch verwirrter. Dann dämmert es mir langsam. Zu dritt haben wir die Familie vor drei Jahren in Laos kennen gelernt. Damals wohnten sie in London und heute in Washington DC. Mittlerweile zu viert fahren sie mehrmals im Jahr in die mexikanische Karibik in den Urlaub. Wir können es kaum fassen und schnattern alle durcheinander.
Der Karibikstrand ist schon etwas Besonderes. Allein die Farben des Meeres, die sanften Wellen, der extra feine Sand (der allerdings auch durch alle Ritzen kommt) und die Palmen sind schon klasse, aber was eben die Karibik von Traumstränden in Thailand oder Tonga unterscheidet sind die Mexikaner.

Ein paar Tage später kommen wir nach Tulum zurück und besuchen auch die Ruinen. Auf der Anlage liegt auch ein Strand, an dem sich die Besucher erfrischen können.
Man hört Musik, oft sogar mehrere Lieder zugleich von verschiedenen Seiten, es gibt Bier, es wird sich lauthals gestritten und wieder vertragen, ständig kommt jemand und verkauft etwas, (meistens) ohne dabei zu aufdringlich zu sein, hier und da wird getanzt und dazu spielen jede Menge Kinder überall.
Die meisten Familien haben eine große Kühlbox dabei mit Getränken und selbstgemachten Leckereien, von deftig über salzig bis süß. Dazu einen Sonnenschirm, Stühle, Musik, Strandspielzeug, einen Drachen und natürlich Pappgeschirr .An Essen darf es einfach nicht fehlen. Wir teilen uns die Reste von den mittlerweile etwas matschig weichen Frühstücksempanadas und genießen das Meer.

Blick aus dem Fenster in Tulum. Auf dem Playa Roca Campingplatz schlafen wir windgeschützt nur 20 meter vom Strand entfernt.
Das war auch richtig so, denn bis zum nächsten Mittag regnet es nun erstmal. Wir sind recht spät unterwegs und tun uns von hier an etwas schwer mit der Essensauftreibung. Von Tulum bis Cancún radeln wir mitten durch die Riviera Maya.
Das heißt im Klartext ein Luxushotel nach dem Anderen, deutschlich mehr Verkehr und kaum noch Essensstände. Kleine Karren wie den von Carlos sehen wir hier gar nicht mehr. Hier hätte man wahrscheinlich eine Lizenz gebraucht.
Mit dem Rad sind wir langsam und lesen jedes Schild. So kommt es auch dass wir auf dem riesigen Plakat eines Wellness Hotels ganz unten „Öffentlicher Zugang zum Strand“ lesen. Nix wie hin.
Die Räder werden geparkt und wir lassen uns treiben. Am Ufer räkeln sich die Hotelgäste mit Cocktails in ihren Sonnenliegen, weiter draußen im Meer macht eine SUP Anfängertruppe die ersten Versuche, auf dem Brett zu stehen. Wir könnten es stundenlang hier aushalten.

Strand für Hotelgäste und alle diejenigen, die langsam genug fahren um das “Öffentlicher Zugang”-Schild zu lesen. .
Weiter geht es zum nächsten Strand. In Akumal halten wir eigentlich nur wegen des Geldautomaten, doch da wir nun ohnehin schon in Strandnähe sind, spazieren wir noch eine Runde. Roberto wird sogleich von acht Leuten umringt, die ihn allerlei Fragen stellen. Ich suche währenddessen einen Parkplatz für die Räder.
Akumal ist bekannt für seine Meeresschildkrötentouren. Vielleicht nächstes Mal. Denn wir radeln erstmal weiter bis nach Xpu-Ha (Schpucha gesprochen). Dort zelten wir wieder am Meer, diesmal sind wir aber die Einzigen.
Als unser Sechserträger Bier leer ist, will ich überprüfen ob das mit den phosphoreszierenden Wellen wirklich stimmt. Man kann ja nicht jedem facebook Video glauben. Leider Fehlanzeige, kann aber auch am hellen Mond liegen.
Roberto hört währenddessen ein paar Hundert Meter weiter eine Party. „Komm, wir gehen mal hin!“ Gesagt, getan. In Flipflops und mit abgenutzten Klamotten erreichen wir eines dieser großen fünf-Sterne Edelhotels. Es läuft Clubmusik, ein paar Leute starren von schicken Stühlen auf eine Leinwand, auf der Farbenmuster ineinander verlaufen. Hatte was von einem alten Windows Bildschirmschoner.

Was für ein Ausblick. Wer braucht schon Klimaanlage und eine Memory Foam Matratze wenn man diesen Blick aus dem Fenster und einen Strand ganz für sich allein haben kann?
In den zwei edlen Pools schwimmen ein paar Blumen und überhaupt ist alles sehr extravagant. Roberto beschließt mal nach dem Preis für ein Bier zu fragen, woraufhin wir höflich gebeten werden, die Räumlichkeiten zu verlassen. Nur für Clubgäste.
Erst am nächsten Tag sehen wir das Monstrum von außen. Für ein paar Pesos hatten wir den Nachbarstrand ganz für uns allein. Für uns persönlich ist das weit romantischer, als jeder Service, den ein 5-Sterne Hotel uns bieten könnte.
Wir radeln also weiter und fahren an mehr und mehr solcher Hotelmonster vorbei. Dazu kommen mehrere Wohnanlagen für die Reichsten der Reichen, Golfplätze, aber auch Naturparks und Cenotes, leider alle mit Eintrittspreis.
Danach geht es durch Playa del Carmen, früher ein kleines Fischerdorf, 1992 Zuhause für 10.594 Personen und mittlerweile eine richtige Stadt mit über 150.000 Einwohnern. Es ist laut und gibt viel Verkehr. Wir folgen einer kurzen Fahrradspur, die dann aber apprupt in einer Wand endet. Dann wieder Verkehr, Lärm, Ampeln und graue Gebäude. Nichts wie weiter.
Eine Nacht verbringen wir noch in Meeresnähe, dann kommt der Endspurt: Cancún erwartet uns! Nur auf den letzten 25 Kilometern fehlt der Seitenstreifen. Und genau hier rasen die Busse entlang. Einer fährt mich fast über den Haufen.
In den folgenden Tagen würden wir auch zu Fuß und als Autofahrer beinahe von Stadtbussen umgefahren werden. Auch im Inneren eines solchen Monsters würden wir noch sitzen und uns sehr unbehaglich fühlen, gelinde gesagt.
In Cancun erwarten uns meine Schwiegereltern, die die ganze Nacht von Tijuana hierher geflogen sind. Und wir alle sind gleich heute zu einer Poolparty eingeladen! Jaclyn hat auf einem Heimaturlaub in Deutschland über uns in der Zeitung gelesen und uns spontan unbekannterweise zu ihrer Poolparty mit Grillen eingeladen.
Wir haben eine großartige Zeit und einen perfekten ersten Tag in Cancún. So kommt es dass wir nach weniger als 12 Stunden in der Stadt schon jede Menge netter Leute kennen.
Wir haben eine großartige Zeit bei Jaclyn und eine unvergessliche Woche mit den Schwiegereltern und leider geht die Zeit viel zu schnell rum. Es wird Zeit den Kontinent zu wechseln. Wir fliegen nach Madrid! Doch bevor wir durch Europa radeln, machen wir noch einen kurzen Abstecher nach Deutschland. Vom Kulturschock in meinem eigenen Heimatland könnt ihr im nächsten Blog lesen: Seltsame Eigenarten der Deutschen – Abstecher in die Heimat.
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