Die türkische Toilette – eine Gebrauchsanweisung

Squat toilet, multi toilet sign

So viele Möglichkeiten! Was ich mich bis heute frage, ist, was das Loch in der Wand unten rechts sein mag

Ankara, Turkey, April 2012

Read in English: Turkish Toilet 101

Leer en Español: Alaturca

Die türkische Toilette und andere Hockklos aus ganz Asien – eine Gebrauchsanweisung

Wir stellen uns nicht sehr an. Manchmal tun es auch ein paar Blätter als Klopapier und manchmal kann man sich auch über der dreckigen Klobrille zwanzig Sekunden lang hinhocken. In vielen Teilen der Erde ist das allerdings gar nicht nötig, denn dort gibt es Hockklos.

Unsere ersten kläglichen Versuche mit dem Hockklo erlebten wir in der Türkei, auf dem sogenannten Alaturca. Ein Hockklo, das ist ein Loch im Boden mit zwei Flächen für die Füße daneben. Wie der Name schon verrät, hockt der Nutzer sich über das Loch. In der Türkei gibt es oft noch eine kleine Klappe, durch die der Dung dann unauffällig verschwindet. Die Hockklos in Asien, Europa und Nordamerika sind alle recht verschieden, aber eines haben sie gemeinsam: Man hockt sich darüber. Ein paar Tricks können wir euch nach jahrelanger Übung verraten, damit der erste Kontakt mit dem Hockklo nicht zu verwirrend ist.

Typical squat toilet with a tap and a jug of water

Typisches Hockklo mit Wasserhahn und Kanne

Es geht schon an der Badezimmertür los. In der Türkei zum Beispiel findet man hier oft ein paar Badelatschen. Wer die hier wohl vergessen hat, habe ich mich auf meinem ersten Klobesuch noch gefragt. Doch die Badelatschen gehören hier hin. In der Tür tauscht man seine Hausschuhe gegen das paar Badelatschen aus und beim Herausgehen wechselt man zurück. Dadurch bleiben die Keime dort wo sie hin gehören. Manchmal sind die Latschen nach einer längeren Sitzung richtig gemütlich geworden, dann hilft es sich vorher die Hausschuhe schön in den Weg zu legen, dann vergisst man das zurück tauschen nämlich nicht und muss nicht mit Klolatschen zurück zu Kaffee und Kuchen schlurfen.

Typical Indonesian Squat Toilet

Hockklo in Indonesien. Hier schaufelt man sich Kannenweise das saubere Wasser aus der hohen Wanne. Angefasst wird das Wasser nicht, nur so kann es sauber bleiben.

Die meisten öffentlichen Hockklos sind getrennt, aber in China haben wir das auch schon anders erlebt. Oft gibt es zwar Trennwände, aber keine Türen. Dann ist man am besten auf dem hintersten Klo aufgehoben, denn dann läuft man zwar an anderen Leuten vorbei, aber niemand läuft an einem selbst vorbei. Manchmal jedoch gibt es nur eine Rinne, die vom ersten bis zum letzten Kloplatz hindurchläuft. Für alle, die sich nicht darum kümmern, ob man ihnen etwas abguckt, sei hier das erste Klo empfohlen, denn dann schwimmen keine fremden Exkremente während des Klogangs unter einem hindurch. Die meisten Toiletten in China sind mittlerweile jedoch mit einem Loch und einer Tür pro Nase ausgestattet.

Filthy squat toilet

Immer mal wieder erwischt man auch ein nicht ganz so sauberes Klo.

Nun wollen wir das Hocken üben. Nicht Jedem fällt das ganz leicht. Man stelle also die Füße links und rechts des Lochs hin. Nun hockt man sich langsam hin. Dabei sollte der Hintern nach hinten und die Knie nach oben gehen. Wer Angst hat, dabei nach hinten umzukippen, kann die Hände wie bei der Kniebeuge nach vorn halten, oder die eigenen Beine umarmen. Die Schuhsohlen sollten komplett den Boden berühren. Wer auf den Zehenspitzen steht, hockt nicht nur viel unbequemer, sondern riskiert auch, die Balance schnell zu verlieren. Wer nicht mehr so gut hoch kommt, kann sich mit einem Gürtel helfen. Diesr wird an der Wand oder der Tür festgebunden und dann lässt man sich daran hinunter und zieht sich anschließend auch wieder hinauf.

Für alle diejenigen unter euch, die nicht mit besonders viel Flexibilität ausgezeichnet sind: euch rate ich, draußen mal ein bisschen “trocken” zu üben. Hinhocken, etwas ausharren und wieder rauf.

Und wohin genau hocke ich mich? Das kommt auf die Toilette an. Zum Pinkeln ist es wichtig, genau ins Loch zu treffen, denn sonst spritzt man sich so dicht am Porzellan gleich voll. Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel. Manchmal bedeutet das, dass man sich mit dem Kopf Richtung Wand hockt, statt in Richtung Tür. Vor dem Hinhocken heißt es also den Winkel des Porzellans, die Richtung des Rohrs und die Position des Lochs genau zu checken. Für ein großes Geschäft sollte man exakt über dem Loch hocken, auch wenn das bedeutet dass man während der Sitzung seine Position wechseln muss.

Squatting little photographer

Viele Leute finden diese Hockposition so gemütlich, dass sie auch an Bushaltestellen ohne Sitze, oder für ein gutes Foto lange in ihr verharren können. Dieses Mädchen macht uns ungewollt die richtige Position vor.

Der Darm ist geleert, nun geht es ums Abwischen. Wie geht das wenn es gar kein Klopapier gibt? Statt Papier gibt es oft Wasser.

  • Wenn es einen Wasserhahn mit einem Schlauch dran gibt, dann öffnet das zwei Möglichkeiten. Die erste ist die Folgende: Man drücke den Daumen fest auf das Ende des Schlauches, sodass durch eine kleine Öffnung wenig Wasser mit viel Power passt. Nun öffne man den Hahn und jetzt geht es ans Zielen. Mit der rechten Hand zielt man auf den zu säubernden Körperteil und mit der Linken wischt man sich dabei sauber. Ja, einfach so, ohne ein schützendes Blättchen Klopapier. Dafür gibt es schließlich das Wasser. Es geht auch nur mit der Rechten, aber dann dauert es etwas länger und ist nicht so gründlich. Wer diese Technik zum ersten Mal ausprobiert, dem sei geraten, vor dem Klogang besser Hose, Unterhose und Socken irgendwo aufzuhängen, denn sonst kann es passieren, dass man klitschnass aus der Kabine kommt. Wem das mit dem Wasserdruck nicht so geheuer ist, der möge sich lieber an Option zwi versuchen.
  • Gibt es einen Eimer, eine Kanne oder einen Becher, so wird diese am Wasserhahn bzw mit dem Wasserschlauch gefüllt. Mit der Rechten schüttet man sich das Wasser in Richtung Hintern und mit der Linken wird sauber gewischt, bis keine Spuren mehr da sind. Auch hier ist es für Anfänger ratsam, die Kleidung etws weiter weg aufzuhängen.
Dirty squat toilet

Hier will man es nicht so lange aushalten. Aber in der Hocke muss man wenigstens nichts berühren.

Nun geht es ans Trocknen. Wieder gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste ist, einfach etwas hocken zu bleiben und ein wenig zu wippen, bis das Meiste an der Luft getrocknet ist. Die zweite Möglichkeit ist Klopapier. Dieses muss vielmals selbst mitgebracht werden. Wer Papier nutzt, sollte daran denken, dass die meisten Klos von Papier schnell verstopfen, daher sollte das Papier im Mülleimer landen. Ist das benutzte Papier braun, bedeutet das a) dass man nicht besonders gut gewaschen hat und die Prozedur wiederholen sollte, und b) dass man für den Fall dass der Mülleimer keinen Deckel hat, ein Stück sauberes Klopapier um sein braunes Knöllchen wickeln sollte, um den nächsten Besuchern den Anblick zu ersparen.

Nun ist man also leer, sauber und trocken. Alles fertig? Wo es eine Fußspülung oder einen Klokasten gibt, da sollte dieser auch betätigt werden. Gleiches gilt für die Klobürste. Ansonsten füllt man den größten Behälter mit Wasser und spält einfach damit. In Südostasien wird auch oft noch der Boden von staubigen Fußspuren im feuchten Boden gereinigt. Das Ganze wird, wenn vorhanden, hinterher mit einem Abzieher getrocknet.

 

Double toilet found in Niš, Serbia

Beste-Freundinnen-Klo in Niš, Serbien

Herzlichen Glückwunsch! Der erste Hockklogang ist geschafft und es war gar nicht einmal so schwer. Das Hockklo hat verglichen mit dem Sitzklo tatsächlich viele Vorteile:

  • Das Waschen mit Wasser ist – bei richtiger Durchführung – viel hygienischer als das Abwischen mit Papier. Man stelle sich mal ein Nutellabrot vor. Wer versucht, das Nutella mit einem Blatt Papier abzukratzen, wird nur die oberste Schicht loswerden. Wer das Brot hingegen mit Wasser abwäscht und abreibt, der wird ein gründlicher gesäubertes Brot erhalten.
  • Das Hocken ist die natürlichste Position für ein großes Geschäft. In dieser Pose kann alles richtig einfach rutschen und man muss gar nicht viel drücken.
  • Es gibt keine vollgepinkelten Klobrillen, ober die man sich umständlich hocken, oder die man zuvor sauber machen muss, denn das Hockklo ist quasi kontaktlos.
  • Es wird nach einem “Plumps” kein Wasser zurück in Richtung Hintern spritzen, da gar kein Wasser im Loch ist.
  • Oft sind die Wartezeiten nicht so lang, da die Position nicht gemütlich genug ist, um eine Runde Tetris zu spielen oder eine Zeitung zu lesen.
Triple toilet

In Silvituc, Campeche, Mexiko,sind Klobrillen eher unüblich. Wände gibt es normalerweise aber schon. Hier hat man sich diese gespart. Perfekt für drei beste Freundinnen.

Wer sich eine Weile an das Hockklo gewöhnt hat, mag sogar darüber nachdenken, sich selbst eines für zu Hause anzuschaffen, so praktisch sind die Hockklos! Also viel Spaß und guten Rutsch!

 

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  1. Flo says:

    Bei kaltem Abwaschwasser hab ich erst kaltes Arschwasser gelesen, trifft es aber auch ganz gut 😀

    • Tasting Travels Team says:

      Hey Flo, ich habe mich bemüht, solche Worte zu umgehen – aber wenns zur Belustigung beiträgt freu ich mich.

    • Teresa says:

      haha großartig!

      • Tasting Travels Team says:

        Daaaanke meine Liebe, wir geben uns Mühe und schrecken auch vor Selbstversuchen nicht zurück 🙂 Gruß und Kuss von der Schwarzmeerküste!

  2. Pingback: Turkish Toilet 101 | Tasting Travels

  3. Pingback: Introducción al sanitario Turco 101: Alaturka | Tasting Travels

  4. GehtDiNixAn says:

    In der Heimat nicht mal vernünftige Toiletten haben, aber hier den großen Zampano spielen!

    • admin says:

      Hallo,
      es tut mir sehr leid, dass du in meiner Heimat so schlechte Erfahrungen mit den Toiletten gemacht hast. Da gibt es wohl noch einiges an Arbeit zur Verbesserung. Ich persönlich finde die Hocktoiletten, die man in manchen Teilen der Türkei findet, sehr praktisch, aber das hast du ja schon selbst in dem Artikel gelesen, zu dem du hier den Kommentar verfasst hast.
      Du klingst nicht besonders erfreut über diesen Artikel und ich nehme an, dass du ihn als Kritik an den türkischen Toiletten verstanden hast. So war er aber keineswegs gemeint. Der Grund, warum ich diesen Artikel geschrieben habe, ist, dass ich anderen Ausländern, die nicht wissen, wie man ein Hockklo mit Wasser benutzt, die Angst vor Ebensolchen nehmen will. Wie du sicherlich schon in unserer “about us” Seite gelesen hast, möchten wir von Tasting Travels den Lesern die Kultur in anderen Ländern nahe bringen, das schließt auch den Alltag ein. Und was gibt es alltäglicheres als den Toilettengang?
      Viele Grüße,
      Annika

  5. Ich gratuliere zu diesem netten und ausführlichen Artikel!
    Zumal es um ein Thema geht, das zwar jeden täglich “beschäftigt”, und dennoch recht gerne gemieden wird.
    In der Tat ist das (berührungslose) Waschen mit Wasser sauberer, sanfter und hygienischer als das (Ver-) Wischen mit Papier!
    Einmal genutzt, möchte man solch eine WC-Dusche nicht mehr missen!

    Mitllerweile gibt es auch in Deutschland viele Anbieter für WC´s mit Bidet Funktion.
    Und es gibt mehrere Varianten:

    1.) Die “Gesamtlösung”, also integrierte Dusche in der Keramik-Schüssel. Nachteil : hoher Preis und Installationsaufwand, Anfälligkeit der ausfahrenden Dusche.

    2.) Die “Komplettlösung”, in der Klobrille integriert. Nachteil : will man die Brille tauschen, muss eine neue (komplette) Dusche her. Und Vorsicht: japanische Modelle haben oft den Nachteil, für asiatische Hintern gebaut zu sein!

    3.) Hygiene-Aufsatz zum nachträglich montieren: Dies ist die kostengünstigste Lösung, aber auch die praktischste!

    Leider sind die meisten “Billig-Angebote” aus Plastik, und gehen bereits bei der Reinigung der Schüssel mit der Bürste kaputt.

    Von Henri Gruber gibt es eine günstige und gute Hygiene-Dusche hier:

    http://wc-dusche.biz/vorteile.html/

    Dieser WC-Dusche Aufsatz aus Edelstahl ist ohne Schnick-Schnack, dazu robust und – im “Retro-Look” – sogar gut aussehend.

    Einen Fön, warmes Wasser, oder gar Fernsteuerung braucht im Übrigen kein Mensch!

  6. Celâlettin says:

    Wir hatten im Jahre 1976 in der Türkei, in Izmir in unserem Haus auch schon eine ganz normale Toilettte( Alafranga
    ,wie hier In Deutschland zum sitzen) Mit so ein Alaturka könnte man mich damals schon Jagen 🙂

    • Hallo Celâlettin,
      danke für deinen Kommentar! Ich persönlich finde die Alaturka super praktisch. Doch mir ist klar dass sie nicht ausnahmslos in jedem Haushalt zu finden ist. Ist wirklich nicht Jedermann’s Sache. Ich kann mich an beides gewöhnen. Manche meiner türkischen Freunde haben eine Alaturka, andere eine Alafranga, aber mir ist aufgefallen, dass die meisten öffentlichen Klos Hockklos waren. Das kann sich allerdings auch seit 2012 schon wieder geändert haben.
      Viele Grüße,
      Annika

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