Volle Bäuche aus Tradition

Mariya und Adrian leeren ihre Gläser für ein glückliches Leben

Stara Zagora, Bulgarien. Juni 2011

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Bulgarische Hochzeitstraditionen. Eine Hochzeit ist in Bulgarien ein kulinarisches Event. Speisen und Getränke werden sowohl zum Genuss zu sich genommen als auch der Traditionen wegen. Einige der Essenstraditionen haben Roberto und ich in Stara Zagora kennen gelernt.
Mariya und Adrian haben uns zu ihrer Hochzeit eingeladen, einer deutsch-bulgarischen Feier, auf der sich beide Bräuche und Traditionen überschneiden. Essen und Trinken spielen in jedem Fall eine besonders große Rolle. Das geht schon gleich nach der kirchlichen Trauung los. Die Trauzeugen werfen Glücksbringer von hinten über das Brautpaar. Durch das über die Köpfe werfen soll gewährleistet werden, dass das Brautpaar von Anfang an von allem Nötigen genug hat. Die Glücksbringer beinhalten eine Münze, etwas Korn und einen weißen Bonbon, eingehüllt in Tüll. „Damit das Leben reich und wohl und süß ist“ erklärt die bulgarische Braut Mariya, die die kleinen Säckchen mit ihrer Schwester gemeinsam selbst gebastelt hat. Nach dem Werfen bleiben sie nicht am Boden liegen, sondern werden von den Gästen aufgehoben und als Andenken behalten. „So wie Bonbons auf einem Karnevalsumzug“ erklärt Mariya. Anschließend werden von Mariyas Cousinen und Schwester leckere Süßigkeiten verteilt, sogenannte Sladki. Viele Körbe bis oben gefüllt mit Keksen machen ihre Runden auf dem Kirchenhof.

Das Ritualbrot

Nach der standesamtlichen Trauung werden die vielen übrig gebliebenen Sladki nochmal angeboten. Für die deutschen Gäste gibt es außerdem zwei panierte Käsesorten und in Schinken gewickelten Quark. Dazu wird auch der erste Sekt des Tages ausgeschenkt. Getrunken wird erst, nachdem auch mit dem Brautpaar angestoßen wurde. Den Beiden wird selbstverständlich immer wieder nachgeschenkt, bis sie der ganzen Hochzeitsgesellschaft zugeprostet haben und sich auf wackeligen Beinen auf den Weg zu weiteren Fotosessions und dann zur Feier machen.

Dort warten schon die anderen Gäste auf sie. Ein weißes Leinentuch wird ausgebreitet und mit Rosen- und Zdravetsblüten bestreut. Über dieses Tuch betritt das Paar den Saal. Damit werden ein wolkenloser Weg und das Streben zueinander symbolisiert. Auf dem Tuch treten die Mütter des Paares auf sie zu. Sie tragen das Ritualbrot das traditionell von der Bräutigamsmutter gebacken wurde. Bei Mariyas und Adrians Hochzeit hatte diese Ehre aus logistischen Gründen allerdings Mariyas Großmutter. Das Brot ist ein Symbol der Gastfreundlichkeit und wird auch wichtigen Gästen vor dem Eintreten gereicht. Adrians Mutter tunkt zwei Stücke Brot in süßen Honig und füttert das Brautpaar damit. Dann bestreut Mariyas Mutter weitere zwei Stücke Brot mit so genanntem Zaubersalz, einer Mischung aus Paprikapulver, Chubritsa, Smindul, Merudiya und Salz und steckt sie ebenfalls dem Paar in den Mund, damit die alles Süße und Salzige im Leben teilen und damit das gemeinsame Leben einen besseren Geschmack hat. „Ohne Salz schmeckt eben nichts“ meint Mariya dazu. Auch die Trauzeugen bekommen von dem Brot zu essen, damit sie immer die süßen und salzigen Momente im Leben des Paares teilen.

Speisung des Brautpaares

Die Mütter nähren ihre Kinder und die Väter schenken ihnen Wein ein. Dieser muss mit verschränkten Armen ausgetrunken werden, damit auch er Glück bringt. Anschließend werden die leeren Gläser nach hinten über die Schultern geworfen – je mehr Scherben umso besser, denn jede Scherbe steht für einen Glücksmoment. Sind die Gläser nur ein wenig gesprungen, so dürfen auch die Trauzeugen trampelnd nachhelfen.

Nun setzt sich das Brautpaar, es gibt Schopska Salat und Mariyas Onkel schenkt für alle einen starken selbstgebrannten Schnaps aus, denn „ohne Schopska und Rakia fängt bei uns kein Essen an“. Vor dem Hauptgang und nach einigen weiteren üppigen sogenannten Vorspeisen wird erst einmal ein paar Runden getanzt, um Platz für mehr zu machen. Jetzt stellen sich die Brautleute mit dem Rücken aneinander. Über ihren Köpfen nehmen sie jeder das Ritualbrot in beide Hände. Auf das Zeichen des Trauzeugen hin wird das Brot blind über den Köpfen zerrissen. Wer hinterher das größere Stück präsentieren kann, wird in der Ehe das Sagen haben. Die Anzahl der auf dem Boden gelandeten Krümel zeigt die Zahl der zukünftigen Kinder an.

Gegen Mitternacht schneidet dann das Brautpaar gemeinsam die gigantische und zuckersüße Torte an. Die Tradition besagt, dass nach dem Verzehr von dieser Kalorienbombe nicht nur die frisch gebackene Braut mit einem dicken Bauch aus der Hochzeitsnacht aufwacht.

 

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  1. Michael says:

    Ich erfahre hoffentlich auch was über dasRadfahren?
    LG
    Michael

    • Annika says:

      Hallo Michael, mehr übers Radfahren kannst du bei Facebook, Twitter und auch Youtube erfahern. Wir heißen dort jeweils Tasting Travels (oder einfach auf die jeweiligen Buttons klicken). Liebe Grüße, Annika

  2. Pingback: Bulgarian wedding traditions | Tasting Travels

  3. Pingback: Bulgarian wedding traditions

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