Aufbruchsstimmung in Christchurch

Robertos 32. Geburtstag

Roberto feiert seinen 32. Geburtstag im Sommer und ich feire meinen 28. im Winter. Verdrehte Welt.

Neuseeland liegt am anderen Ende der Welt. Gut, um genau zu sein liegt der Südpazifik genau gegenüber von Deutschland. Aber hier in Christchurch haben wir das spanische Bundesland Galizien gegenüber und bei den Kilometern, die wir jetzt hinter uns haben, ist das ja nur ein Katzensprung von Deutschland. Sagen wir also, wir befinden uns grob am anderen Ende der Erde.

Roberto und Alan

Roberto und Alan sitzen im Januar draußen auf der Picknickbank.

Die Sonne wandert nach links, der Abfluss fließt andersherum, die Hinterbremsen der einheimischen Fahrräder sind auf der linken Seite des Lenkers und sogar der Mond sieht aus wie ein kleines a wenn er gerade zunimmt. Wir haben Spätsommer und es ist gerade hell. Alles ein bisschen anders als zu Hause. Nur dass die Leute auf dem Kopf stehen, das kann ich nicht bestätigen. Doch nach einem Jahr in Neuseeland ist das alles für uns normal. Wir haben uns so sehr an Neuseeland gewöhnt, dass es für mich anstrengend ist, amerikanische Actionfilme zu sehen, denn ich habe dauernd das Gefühl, dass alle Autos auf der falschen Straßenseite fahren und jeden Moment zusammenkrachen.

Ellen and Jenver at Hachi Hachi

Meine Sushi-Kollegen Shu, Ellen und Jenver

Ein Jahr lang haben wir hart gearbeitet. Ich habe drei Tage in der Woche Sushis gerollt, geschnitten und verkauft und an den anderen drei Tagen Outdoorkleidung und –ausrüstung verkauft. Roberto musste mit seinem Visum alle drei Monate seinen Arbeitgeber wechseln. Er hat ebenfalls Outdoorausrüstung verkauft, Pizzateig geknetet und Pizzen belegt, Geschirr gespült und für World Vision gearbeitet. Den Sommer über haben wir fast jede freie Minute mit unserem Mitbewohner Alan im Garten verbracht. Alan ist Holzdreher von Beruf und hat alle hölzernen Möbel selbst gebaut. Auch einen Picknicktisch hat er uns geschreinert, an dem haben wir am Weihnachtsabend gegessen und in der Sonne gegrillt.

Weihnachtsbaum in Neuseeland

Nadelbäume gibt es keine. Macht auch nichts.

Viele gute Freundschaften haben wir in dem einen Jahr geschlossen. So schwer es uns schon immer fällt, immer wieder neue Freunde zu verlassen, diesmal wird es noch eine Spur härter.

Wir haben neue Freundschaften geschlossen und auch alte Freunde und deren Freunde wieder getroffen. Ein Gästezimmer gibt es zwar nicht, aber dafür eine extra Matratze und ein bisschen Platz für Isomatten. Irgendwie ist einfach immer was los bei uns zu Hause.

Bärbel und Johan in Neuseeland

Unser erster Besuch: Bärbel und Johan aus Deutschland und Holland.

Johan und Bärbel haben wir in Melbourne getroffen, nachdem wir in Thailand und Malaysia mehrfach unwissend ganz knapp aneinander vorbeigeradelt sind.

Colin from England.

Es folgt: Colin aus England. Ihn haben wir in Australien getroffen.

Colin nimmt früh morgens den Bus in den Norden der Südinsel – und bleibt dann einfach dort.

Anaid selling Sushi in New Zealand

Robertos Schwester Anaid verkauft und schneidet nun Sushi.

Robertos Schwester Anaid zieht bei uns ein und wohnt dann zwei Ecken weiter. Ich reiche meiner Geschäftsleiterin ihren Lebenslauf und kurz darauf rollen und schneiden wir gemeinsam Sushi. Anaid kommt im Herbst und reist im Frühling wieder ab auf die Nordhalbkugel. Die Ärmste hat also 1 1/2 Jahre lang keinen Sommer.

Birgit in Neuseeland

Birgit freut sich, im Januar eine Draußen-Geburtstagsparty zu feiern.

Birgit aus Ravensburg ist mit Gerd und Astrid befreundet. Sie reist für fast ein Jahr durch Neuseeland, Australien und Südostasien. Zwischendurch zieht sie kurz bei uns ein und Alan besorgt ihr einen Job in seiner Schreinerei. Hier in Neuseeland feiert sie ihren dreißigsten Geburtstag – im Sommer.

Cartoon Party

Torsten (Popeye) feiert mit meinen Kollegen Trevor (Picachu) und Ritsuko meinen 28. Geburtstag.

Torsten, den ich aus Bremen kenne, hat sein Working Holiday Visum last Minute ergattert. Wenige Tage vor seinem 31. Geburtstag hat er es beantragt und kurz vor seinem 32. ist er eingereist. Kurz darauf folgt auch seine Freundin Lisi. Nun arbeiten die beiden ab und zu und reisen ab und zu. In Christchurch hat Torsten ein großes Auto für die beiden gekauft, das er am Ende des Aufenthaltes wieder verkaufen will.

Familienbesuch in Neuseeland

Robertos Eltern besuchen uns. Hier trinken wir ein Gläschen lokalen Weins auf dem Rob Roy Gletscher Wanderweg in der Nähe von Wanaka.

Familienbesuch! Im September lassen wir für zwei Wochen alles stehen und liegen und reisen mit Robertos Eltern und Schwester durch die Südinsel.

Caro reist mit einem riesigen Rucksack durch Neuseeland

Caro ist wohl die schwerstbepackteste Anhalterfahrerin die ich kenne.

Caro lernen wir nach dem WM-Finale kennen. Sie kommt aus Deutschland und wir trinken ein paar Bierchen bei uns zu Hause. Caro reist meist per Anhalter und hat ein paar Taschen in verschiedenen Städten gebunkert. Vor ihrer Abreise nach Australien sammelt sie alle Taschen wieder ein und kann selbst kaum glauben, was sich da mit der Zeit angesammelt hat.

Caro reist durch Neuseeland

Caro (zweite von rechts) hat ein großartiges Timing, denn sie kommt genau richtig zum Mädelsabend mit Rikka (links) und Birgit (Mitte).

Rikka aus New York reist ein paar Wochen lang mit Borgit durch die Südinsel. Als sie Christchurch erreichen, feiern wir Mödels (und Alan) das. Und da klopft es ganz unverhofft an der Tür und da steht Caro. Sie war grade in Christchurch und dachte sich, sie schaut mal vorbei. Was für ein gutes Timing!

Steffen und Britta in Neuseeland

Steffen und Britta aus Oldenburg

Steffen kommt aus meiner Heimatstadt Bad Bederkesa und ihn kenne ich noch aus Schulzeiten. Gemeinsam mit seiner Freundin Britta lebt er nun in Oldenburg und hat beschlossen, den grauen Winter mit einer Reise durchs warme Neuseeland aufzuheitern. Nach über 50 Stunden Reise erreichen die beiden am Silvesterabend Christchurch. Und da ist an Schlaf gar nicht zu denken. Stattdessen schnappen wir die Räder und fahren in den Park (auf der linken Straßenseite und ohne Licht – wir muten den beiden vom ersten Moment an ganz schöne Abenteuer zu), wo es irische Musik und Feuerwerk gibt.

Mark and Chrissie from Sydney

Britta, Roberto, Steffen, Chrissie, Mark und Annika

Mark und Chrissie haben wir 2012 in Kirgisistan kennen gelernt (ziemlich skurrile Geschichte) und 2014 in Australien besucht. Nun kommen sie 2015 zu uns und gemeinsam mit ihren Freunden Maddy und Jimmy, sowie Steffen und Britta, radeln wir den Central Otago Rail Tral.

Vier Tage auf dem wunderschönen Central Otago Rail Trail

Die Radeltruppe auf dem wunderschönen Central Otago Rail Trail

Vier Tage lang radeln wir gemütlich auf einem klasse Radweg. Es ist Marks und Chrissies erste mehrtägige Radtour und nun planen sie schon die nächste.

Birgit und Amal

Birgit und Amal

Birgits zweite Reisepartnerin Amal aus Deutschland. Die beiden touren durch die Südinsel und starten bei uns in Christchurch.

Peace Runner Kay from Japan

Peace runner Kay aus Japan

Kay haben wir in Australien getroffen. Er rennt für den Weltfrieden 5000 Kilometer durch jeden Kontinent. Wir haben uns ein paar Mal getroffen und waren dann bei seinem Finale zum Sydney Opernhaus mit dabei.

In Neuseeland ist er ebenfalls gerannt. Diesmal, wie er sagt, “nur” 2796,58 Kilometer in Wieder radle ich die letzten neun Kilometer bis zur Ziellinie mit ihm. Kay schreibt jeden Tag neue Blogeinträge und seine nächste Tour wird ihn durch Europa führen.

Anni-Chan

Zum Abschied bekomme ich von meiner Kollegin und Vorgesetzten Sayaka noch eine leckere selbstgemachte Torte.

Und nun scheint sich alles zu wiederholen. Das zweite Bier Festival (wir gehen leider wieder nicht hin), der zweite Japan-Tag, Robertos zweiter Geburtstag in Neuseeland (diesmal aber mit Sonne statt Unwetter und Überschwemmung). Und der zweite Start in eine große Reise. Auch in Deutschland sind wir im Frühherbst gestartet, wieder hat Roberto ein neues Rad unter sich, an das er sich erst gewöhnen muss, wieder haben wir jede Menge Trockenobst dabei und wollen Radwegen folgen und unsere neue Ausrüstung ausprobieren, die wir auf der Arbeit zum Personalpreis erstanden haben.

Anne from Christchurch

Anne liebt Mexikanisches Essen! Wir kochen unserer ersten guten Freundin Mole!

Neuseeland ist ein bisschen zu unserer zweiten Heimat geworden und wir sind sehr gespannt darauf, es nun besser kennen zu lernen. Das gemütliche Alltagsleben, das wir uns hier aufgebaut haben, müssen wir jetzt wieder ablegen. Unsere Spielesammlung, der Gymnastikball, einige Bücher und das Schuhregal sind verkauft, die meiste Kleidung verschenkt und morgen kommt jemand und holt unser Bett ab. Dann sieht es hier zu Hause bald wieder aus wie ganz am Anfang: Packtaschen überall und Isomatten als Bett.

Kathmandu Workmates

Einige meiner Kollegen und Vorgesetzten von Kathmandu. Das Team ist klein und wir gehen oft gemeinsam essen. Ich fühle mich pudelwohl.

Und dann geht das Abenteuer los! Abenteuer Rückweg kann man sagen, denn egal in welche Richtung wir uns bewegen, wir nähren uns zu Hause immer mehr. Zwei Monate haben wir Zeit für Neuseeland. „Das ist viel zu wenig!“ warnten uns allerlei erfahrene Reiseradler. Und dabei sind wir ja oft auch noch eine Spur langsamer unterwegs als andere. Aber länger Zeit haben wir eben nicht und damit müssen wir jetzt leben. Dann treten wir eben etwas flotter in die Pedale und machen weniger Wanderpausen.

Avokado Pflanze als Baby

Monatelang pflege ich einen Avokadokern. Kurz vor Abreise sehe ich die ersten Blätter. Es liegt nun an Alan, den Schützling weiter groß zu ziehen.

Die Räder sind nun komplett überholt. Robertos altes Rad steht mit den beiden Ersatzrädern im Garten und daneben blitzen und blinken unsere beiden Reiseräder. Robertos haben seine Eltern beim Besuch hier aus den USA mitgebracht und meines ist das Gleiche wie zuvor, aber mit neuen Teilen und blitzeblank.

Hachi Hachi Team

Abschiedsessen mit einigen meiner Sushi-Kollegen. Aus Annika wurde bald Annichan und so hieß ich fortan eben.

Sechs Mal war ich insgesamt joggen seit wir in Christchurch angekommen sind. Zwei Mal sind wir ans Meer geradelt, ein paar Mal waren wir schwimmen, einige Abende sind wir tanzen gegangen und ein paar Tage sind wir einen 150 Kilometer langen Railtrail entlang geradelt. Und das war es auch schon an Sport. Ich fühle mich völlig unvorbereitet. Doch wenn ich an den Start in Bremen zurückdenke, wo ich nie joggen war, und noch nie zuvor ein Fahrrad mit Gepäck manövriert habe, gibt mir das einen kleinen Motivationsschub. Das haben wir ja auch ganz gut hingekriegt. Und bis der erste Berg auf uns zukommt (wir werden zwei Mal die Alpen überqueren), werden sich die Beine schon wieder ans lange Radeln gewöhnt haben. Wir sind gespannt.

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